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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 150)

4.6 
im Rahmen des allgemeinen Zeitstyles, sie wohl dazu berechtigte. Einige 
Nürnbergerinnen, also Bürgerinnen der seit Jahrhunderten hochbedeutsatnen 
deutschen Kunstmetropole an der Pegnitz, verdienen zuerst genannt zu 
werden, deren Entwürfen der damals im Gewetbefach hervorragende Verlag 
des Weigelschen Geschäftes zu ihrem Unternehmen diente. Eine solche 
Meisterin war z. B. Margaretha Helm, die Helmin genannt, deren Gemahl 
als ehrsatner Cantor an der St. Aegydienkirche dortselbst bestellt war. 
lhr Musterbuch führte, nach dem Geschmacke des Säculums den lang- 
athmigen Titel: Kunst- und Fleissübende Nadel-Ergötzungen oder neu- 
erfundenes Neh- und Stiele-Buch, worin dem, solche schöne Wissenschaft 
liebenden Frauenzimmer. allerhand. zu vielen Sachen anständige Muster 
und Risse nach der neuesten Facon zu deren nützlichen Bedienung, vor- 
gestellt. Die Muster dieses Werkes athmen den echten Schnörkelstyl der 
französischen Richtung, wie denn überhaupt die Mode jenes Landes fast 
ausschliesslich in allen Nadelarbeiten der Zeit den Ton angibt; damals 
glänzte am französischen Hofe unter dem vierzehnten Ludwig besonders 
Frouny als berühmtester Kunststicker, dessen gestickte Prachtgewänder 
europäischen Ruf besassen. 
Jedermann weiss, dass um jene Zeit die weissen oder farbigen Staats- 
fräcke sowie die Westen der eleganten Herren einen neuartigen bunten 
Schmuck durch die Anbringung gestickter Ornamente erhielten, welche 
man auf weissem, glanzlosen StolTe meist mit Chenillen auszuführen liebte, 
auf dem glänzenden Seidengrunde aber mit, im Widerspiel dazu, glanz- 
losen niedergenähten Schnürchen von allen Farbtönen. Blumen, Jagden, 
Chinesereien, ja Vasen, Palmen, Schlangen u. drgl. waren die beliebtesten 
Verzierungen zu diesem Zwecke. Die damals so sehr in Mode kommende 
Chenille ist nun freilich aber eine bereits ältere Erfindung, deren bezeich- 
nender Name von dem französischen Namen der Raupe hergenommen ist, 
und das Schnürwerk in aufgenähter Application kennt auch in Deutsch- 
land schon die Zeit Karls V., wie die damals erschienenen Musterbücher 
für Dentelschnürwerk etc. beweisen. Fischart nennt dergleichen Arbeit 
später: Goldarbeit von goldstrimen, Purpurrimen, gulden Schniren, ver- 
garnirt vnd verkernet; die ursprüngliche Heimat derselben scheint jedoch 
Italien gewesen zu sein. 
Ein ebenfalls in dem Weigel'schen Verlage, 1727-30 erschienenes 
Musterbuch, welches gleichfalls eine Frau zum Autor hat, gibt aber dem 
Schnür- und Chenillenwerk französischen Ursprung, was für die direct an 
die Verfasserin gelangten Vorbilder auch ganz richtig sein mag. lhr Name 
ist Margaretha Krausin aus Nürnberg, wo sie um 1770 noch gelebt haben 
soll, das Werk aber führt den Titel: Deutliche Vorstellung verschiedener 
Risse zur löbl. Frauenzimmer-Arbeit, wie selbige bei Marseillen-Genähde, 
niedergestocbenem Boden, Schnür-Chenillen-Arbeit, sammt andern nach 
dem Leben mit Seiden genähten Laubwerk gebraucht zu werden pllegt. 
Nach der neuesten F acon, mit allerley beliebigen Abwechslungen inventirt.
	        
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