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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 150)

14. Lebensjahre in seine pädagogische Obhut. Die Bestrebungen, die 
gesammte Bildung im Handwerkerstande mittelst der Volksschule zu 
heben, gehen auch durch die ganze gebildete Welt, und wir müssen glau- 
ben, dass das was in der ganzen gebildeten Welt als richtig erkannt wird, 
auch zu gleicher Zeit dasjenige sei, was für die handwerkliche und tech- 
nische Bildung ausreiche und einen_Ersatz für die Schulung bieten werde, 
welche in dieser Richtung früher im Gewerbeleben selbst erreicht wurde. 
Aber trotzdem kann es keinem aufmerksamen Beobachter entgehen, dass 
die gewerbliche Fortbildung, insbesondere die technische Fortbildung auf 
dem Wege der Schule grossen Hindernissen begegnet; denn trotz der 
Schulen klagen noch immer fort und fort Architekten, Handwerker und 
das consumirende Publicum, dass unseren Handwerkern und jüngeren 
Künstlern die entsprechende technische Fertigkeit fehlt, um den an sie 
gestellten Anforderungen vollkommen gerecht zu werden. Die gewerbli- 
chen Leistungen einerseits, und die Schulung für das Gewerbe anderer- 
seits ergänzen und erklären sich gegenseitig. In der Zeit des Zunftver- 
bandes war trotz aller Schattenseiten jener Periode der Arbeiterstand 
durchgebildeter und leistungsfähiger, trotz des beschränkten Gesichtskreises 
der damaligen Verhältnisse. Heurigen Tags ist der Arbeiter- und Hand- 
werkerstand allgemein geschult, im Ganzen und Grossen gebildet, aber 
seine technische Ausbildung ist eine vollständig oberflächliche und die 
Leistungsfähigkeit in Folge dessen eine sehr geringe. Mit wenigen Worten 
ausgedrückt heisst das: Unsere Arbeiter wissen relativ sehr viel und 
können relativ sehr wenig. Sie sprechen - wenn nöthig - gut, ar- 
beiten aber schlecht, daher die allgemeine Klage: Unsere Handwerker 
verstehen ihr Metier nicht recht, unser Handwerk ist technisch herunter. 
Vor Allem, und gerade aus industriellen Bezirken vernimmt man die 
Klage, dass die Volksschule zu lange dauert, und dass die Knaben, die 
erst mit vollendetem 14. Lebensjahre der Volksschule entwachsen, zu spät 
zu jenem Handwerk kommen, dem sie sich widmen wollen. Dazu kommt 
noch, dass bei den meisten Fachschulen das vollendete 14. Lebensjahr 
als Vorbedingung zum Eintritte in dieselbe gestellt wird. Der Knabe be- 
ginnt daher erst nach vollendetem 14. Jahre sich mit seinem Handwerk 
zu beschäftigen. In der Regel tritt der Junge aus der Volksschule in das 
Gewerbe, und nur ein kleiner Bruchtheil kann in eine Fach- oder Ge- 
werbeschule eintreten. Er ist im besten Fall auf die Fortbildungsschule 
angewiesen. Aber auch diese ist ihrer ganzen Organisation nach nicht für 
die technische sondern für die allgemeine Bildung eingerichtet. Von dem 
Technischen seines Handwerkes lernt er eigentlich bis zum 15. Lebens- 
jahre fast nichts. Er bleibt technisch ein Dilettant, während er in frü- 
herer Zeit mit diesem Alter Herr seiner Technik wurde. Hinc illae lacrimae. 
Die Volksschulgesetze bezwecken nur die allgemeine Bildung; 
es sollen die Kinder sittlich religiös erzogen, ihre Geistesthätigkeit 
soll entwickelt werden, es sollen jene Kenntnisse und Fertigkeiten erworben
	        
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