schule zur Pfiegestätte für die Heranbildung tüchtiger Menschen für das
Gemeinwesen zu machen, und so schön es ist, dass man schon den Knaben
in der Volksschule die Elemente der Erdkunde, der Naturkunde, der Ge-
schichte lehrt, so ist damit doch ausserordentlich wenig für die gewerb-
liche Bildung, deren gewiss ein grosser Theil der Schüler bedarf, gethan.
Das, was der künftige Gewerbsmann für den unmittelbaren Betrieb seines
Geschäftes unerlässlich nöthig hat, den Sprachunterricht, das Rechnen, das
Schreiben und das Zeichnen, das ist nur ein Theil dessen, was er wirklich
für seinen Lebensberuf benöthigt.
Die Lücken in unserer elementaren gewerblichen Bildung -- denn
davon ist hier allein die Rede - sind auch unseren Gesetzgebern nicht
entgangen, und man hat daher die gewerblichen Fortbildungsschulen ge-
schaffen, um den Handwerkslehrlingen und selbständigen Handwerkern
Gelegenheit zu geben, sich für ihren Beruf weiter auszubilden, wenn sie
bereits der Volksschule entwachsen sind. Das Fortbildungswesen aber ist
vielleicht der wundeste Punkt im ganzen gewerblichen Unterrichtssystem,
nicht nur in Oesterreich, sondern auch in Deutschland. Ein Fachmann auf
diesem Gebiete, der soeben eine sehr lehrreiche Brochüre über den indu-
striellen Rückgang herausgegeben hat, sagt ganz richtig: "Das ganze Fort-
bildungsschulwesen ist nichts weiter als das unerfreuliche Eingeständniss,
dass in unserer Volksschule nicht einmal das im bürgerlichen Leben auch
für den Allergeringsten erforderliche Mass von Elementarkenntnissen er-
worben wirdm Dann: "Der Gewerbetreibende bedarf einer bedeutend
höheren Bildung, als er sie gegenwärtig durch die Volksschule erlangen
kann. Eine gründliche Fachbildung ist bei Festhaltung der bisherigen Formen
des Lehrlingwesens innerhalb der Werkstätte nicht zu erzieleniü).
Niemand wird sich darüber täuschen, der nicht getäuscht sein will
dass die in der Volksschule zu erreichende elementare gewerbliche Bildung
eine sehr geringe ist, Bei dieser Sachlage habe ich das Augenmerk vor Allem
auf kunstgewerbliche Fachschulen gerichtet. An allen diesen Orten wiederholt
sich die Klage von Seite der Gewerbetreibenden, indem sie betonen, dass sie
gerne ihre Knaben und Lehrlinge in die Fachschule schicken würden, wenn
nicht die Bedingung gestellt wäre, dass dieselben vorher die Volksschule ab-
solvirt, und das 14. Lebensjahr erreicht haben müssten. Das sind die meisten
Familien der kleinen Gewerbetreibenden zu leisten nicht im Stande, und ver-
zichten daher auf den Eintritt ihrer Kinder in die Fachschule. Denn ein Junge,
der bereits 14 Jahre alt geworden ist, muss auch dazu sehen etwas zu
verdienen und kann daher unmöglich noch 3 bis 4 Jahre in irgend einer
Fachschule zubringen. Würde es hingegen möglich sein, den gewerblichen
Fachunterricht mit der Volksschule in irgend eine directe oder indirecte
Verbindung zu bringen und zwar so, dass der Fachunterricht in der Volks-
') Dr. K. Bücher, v-Die gewerbliche Bildungsfrage und der industrielle Rückgang-w.
Eisenach 1877. S. 38.