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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1888 / 3)

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Kirchen, großräumige Hallen, zuerst die Doppelkirche in Assisi über dem 
Grabe ihres Heiligen, dann Santa Croce in Florenz, welche das eigent- 
liche Muster der Franziskaner-Kirchen wurde. Sie bauten in gothischetn 
Stil, aber nicht mit Aufhebung der Wandfiächen wie im Norden; viel- 
mehr bedurften sie dieser Flächen für die Kunstrichtung, die nun unter 
ihrem Einfluss entstand. 
Die Predigten der Franziskaner gingen auf das Reale und Prak- 
tische, auf die Besserung des Lebens hinaus, nicht auf Dogmen und Lehr- 
systeme. Für diese Richtung war ihnen bei dem ungelehrten Volke die 
Hinweisung auf Bilder willkommen, welche nicht symbolische, unterlegte 
Gedanken hatten und nicht erst zu deuten waren, sondern unmittelbar 
durch das, was sie darstellten, auf den Beschauer wirkten. Gegen- 
ständlich waren dies nun zunächst die Begebenheiten aus dem Leben 
des heiligen Franciscus selber, seine ganze Legende, die eine Fülle von 
Scenen darbot; sodann aber auch die Ereignisse aus dem alten wie dem 
neuen Testament. Sie mussten aber auch - und darin liegt nun die 
neue, wenn auch Anfangs nur mit schwachen Mitteln ergriffene Richtung 
-- ebenso dargestellt werden, wie sie in Wirklichkeit sich hätten ereignen 
können, nicht andeutungsweise, nicht symbolisch, sondern mit einer 
wenigstens möglichen geschichtlichen Wahrheit, sowohl nach der äußeren 
Umgebung wie nach der Dramatik des Vorganges. Die Kirche war es 
also, und speciell der Franziskaner-Orden war es, welcher die Kunst auf 
den Weg leitete, auf welchem nach zwei Jahrhunderten die vollkommene 
Darstellung des nackten Menschen als die höchste Aufgabe der Kunst 
betrachtet wurde. 
Der Einfluss der Franziskaner hatte aber noch eine andere Folge. 
Wie ihre Kirchen rasch entstanden, fühlten sie bei ihrer außerordent- 
lichen Ausbreitung auch alsbald das Bedürfniss, die Kirchen mit Bildern 
rasch auszuschmlicken. So bot gleicherweise aus diesem Gesichtspunkt 
wie um einer realen Darstellung willen die Frescomalerei sich ihnen dar 
als diejenige Technik, welche ihren Wünschen und Absichten am besten 
genügte. Und so wurde nun, statt der kostbareren, mehr Zeit erfor- 
dernden Mosaik, das Fresco die bevorzugte Technik zum Schmuck der 
Kirchen, diejenige Technik, mit welcher die moderne Malerei im vier- 
zehnten und fünfzehnten Jahrhundert zu ihrer Höhe emporwuchs. 
Und wie die Franziskaner die neue Richtung einleiteten, selbstver- 
ständlich ohne sich der nachfolgenden Entwickelung bewusst zu sein, so 
wurde die Grabeskirche ihres Heiligen zu Assisi die Geburtsstätte der 
modernen Kunst. An den zahlreichen Bildern der unteren und der oberen 
Kirche lässt sich schon ein gewisser Gang des Werdens und Wachsens 
verfolgen. Zur Zeit, da sie erbaut und zuerst mit Bildern geschmückt 
wurde, stand freilich die Malerei, was die Fähigkeiten zu einer realen 
Darstellung betrifft, auf sehr niederer Stufe. So sind die ersten Bilder, 
wahrscheinlich von Giunta aus Pisa, noch mit allen Schwächen der
	        
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