fender sein als der tiefe und gottergebene Ausdruck der Heiligen, wie
sie ohnmächtig in Ekstase niedersinkt und von ihren frommen Schwestern
gestützt wird. ein Bild innigster christlicher Schwärmerei! Und daneben
macht sich auf den Pfeilern in groteskenhafter Decoration das classische
Heidenthum breit mit einer Fülle seiner ihm eigenthümlichen Gestalten.
Da sieht man Satyrn und Sphinxe und Amoretten und die tanzenden
Grazien, nackte Knaben, welche das Feuer auf dem Dreifuß anblasen,
nackte Männer in kauernden Stellungen, phantastische Thiere mit Men-
schenköpfen, Vasen und Fruchtgehänge, alles auf Goldgrund von wunder-
schöner decorativer Wirkung und malerisch betrachtet vortrefflich in
Harmonie mit den figürlichen und landschaftlichen Bildern, aber doch
vom religiösen Standpunkt so unchristlich, so unkirchlich wie möglich.
Die Kirche befreite sich allerdings wieder ziemlich früh von dieser
heidnischen Decoration, und nun trat jene bunte Marmorincrustation
wieder hervor und bedeckte auf's Neue das Innere der Kirchen, so viel
Bilder und Sculpturen an Raum noch übrig ließen. Die Tendenz ging
auf farbige und reiche Wirkung, wie ja auch Material und Herstellung
kostbar genug waren. Und ohne Zweifel konnte damit eine edle Wirkung
erzielt werden. Als ein vorzügliches Beispiel dieser Artist mir die schöne
Renaissancekirche San Sebastiano in Palermo erschienen; während" San
Martino in Neapel wohl einen überaus prächtigen, aber auch bunten und
unruhigen Eindruck macht. Das gewaltigste Beispiel ist wohl St. Peter
in Rom. ' .
So hat auch die Barockzeit wenigstens mit dem Aufwand aller
Kunst und aller Mittel, die ihr zu Gebote standen, für den Schmuck
der Kirche gesorgt. Im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts begann man
darin nachzulassen und mit der Vorliebe für den grauen Stucco aller
bildlichen und farbigen Ausschtnückung z_u entsagen, bis man zum grauen
oder weißen Anstrich gelangte. Und mit dieser Nüchternheit und dieser
Entsagung ist die Kirche in das neunzehnte Jahrhundert eingetreten. Als
nun gar die Restaurationsepoche kam und man glaubte, alle mittelalter-
lichen Kirchen auch in den mittelalterlichen Charakter reinster Art
zurückversetzen zu müssen, und diese Puritaner alles, was die spätere
Zeit geschaifen hatte, hinauswarfen, da kam man auf den nackten Stein
und strich das innere wie man sagte nsteinfarbenu an. Das haben wir
ja noch erlebt. .
Dagegen ist nun heute, wo das Auge sich wieder an Farbe zu
gewöhnen beginnt, ia sie aufsucht, glücklicherweise eine Reaction ein"-
getreten. Man verlangt wieder den Schmuck der Kirchen, bildlich wie
ornarnental, man verlangt wieder nach der Farbe, die Frage ist nur, wie
es in rechter Weise geschehe.
Da ist nun wohl ohne Zweifel ein richtiger Grundsatz, dass der
Schmuck sich dem Stil der Kirche anschließe, da ja der Regel nach die
neue Kirche im bestimmten Stile gebaut wird, und die alten, welche zu