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des Kupferstichs enthalten. Den Abschluss des Werkes aber, die Krone des Ganzen,
bildet der uns hier besonders interessirende fünfte Band, die Geschichte des (deut-
schen Kunstgewerbes von J. v. Falke. Es war für den Herausgeber naheliegend,
zur Bearbeitung dieses, angesichts der gegenwärtigen kunstgewerblichen Bestrebungen
doppelt wichtigen Tbeiles jenen für die Aufgabe pradestinirten Fachgelehrten_zu_ ge-
winnen, der in erster Reihe, von dem nun seiner Leitung anvertrauten Staatsinstttute
aus, durch Wort und Schrift dem Kunstgewerbe, und diesem nicht in Oesterreich allein,
die neuerlich emporführenden Bahnen gewiesen. Wie sehr Falke's rüstige Schaffenskraft
und seine klare anschauliche Darstellungsweise auch dieses Werk zu einem leicht zu
handhabenden Hausbuch nicht nur des Kunsthandwerkers selbst, sondern auch yener
Kreise des Publicums gestaltet, welchen die Kunst im Handwerk mehr und rnehr ein
Bedürfniss geworden ist, braucht hier nicht erst betont zu werden. Bis jetzt sind
zwei Lieferungen erschienen, in welchen die Geschichte des deutschen Kunstgewerbes
von seinen frühesten Anfangen bis zum Ausklingen des romanischen Kunststils in Deutsch-
land abgeschlossen ist. Gleich der erste Abschnitt, welcher die Vorgeschichte bis zur
Zeit der Karolinger behandelt, nimmt das Interesse in hohem Grade gefangen. Falke
spricht hier eingehend über die zahlreichen deutschen Gräberfunde und die Unhaltbarkeit
des zuerst von Danneil im Jahre 1335, in der Blüthezeit der süddeutschen Keltomanie,
aufgestellten und dann von dem dänischen Gelehrten Thomsen in seinem Leitfaden zur
nordischen Alterthumskunde besonders ausgebildeten sogenannten Dreiperioden-Systems.
Diese Theorie von den drei Zeitaltern, sowie von der heimischen Entstehung aller
Fundstücke und dem verhaltnissmaßig hohen Culturstand einer rrBronzezeit- erweist
sich als ein Phantasiegebilde; die der nordalpinischen Römerherrschaft voraufgehenden,
eine höhere Culturstufe bezeugenden Metallfunde sind aus Phbnizien und besondersaus
Etrurien importirt und erst mit der römischen Herrschaft beginnt auch kuustgewerbliche
Arbeit nach römischer Art auf deutschem Boden. Nach der Vdlkerwanderung und rmt
der festen Niederlassung deutscher Stamme in den römisch-deutschen Provinzen gesellen
sich dann deutsche oder nordische Elemente, wie die Kerbschnitt-Verzierung, zu den
hier von den Römern geübten Kunslweisen und von jener Zeit an, vom Ende des fünften
Jahrhunderts unserer Zeitrechnung, nimmt die eigentlich deutsche Kunstarbeit ihren
Ausgang. Als für die Folgezeit von Bedeutung finden in diesem Capitel eingehende
Würdigung die deutsch-römischen Erzeugnisse aus Metall, Thon und Glas, die roroische
Emailtechnik auf rheinischem Boden - aus welchem sie späterhin wieder, in der Zeit
des romanischen Kunststils, als deutsche Kunsttechnik so glänzend sprießt - und die
Zellenglas-Verzierung auf den Graberfunden aus der Zeit vom fünften bis zum siebenten
Jahrhundert; die letztere Kunsttechnik haben die germanischen Nblkerschaften wohl
von den Römern überkommen, dann aber, wie an den verschiedenen Monumenten nach-
gewiesen wird, in eigener Art und selbständig ausgeübt. Eine Besprechung der deutschen
Metallarbeiten dieser Periode und des Tassilokeiches im Stifte Kremsmünster, welchen
Falke als durchaus deutsche und wahrscheinlich in Salzburg entstandene Arbeit erklärt
-- im Gegensatz zu A. Springer, der ihn longobardischen Ursprungs halt -- schließt
den ersten Abschnitt.
Das folgende Capitel behandelt die Geschichte des deutschen Kunstgewerbes in
der Zeit der Karolinger und der sächsischen Kaiser. ln den Vordergrund der gewerb-
lichen Kunstübung tritt die Goldschmiedekunst und Karl der Große wendete ihr be-
sondere Ptiege zu. Er verordnete auch, dass in jeder seiner eigenen Ländereien ein
Goldschmied sein solle. Außer den Werken der Baukunst und der Buchmalerei ist
allerdings wenig auf unsere Tage gekommen, was mit Sicherheit auf seine Bestellung
zurückgeführt werden konnte, Nur einige Bronzearbeiten, zwei ThorHügel und acht
Gitterschranken, haben sich in Aachen erhalten und sie dürften auch dort entstanden
sein. Viel günstiger steht es um die Werke der Goldschmiedekunst aus der Zeit der
sächsischen und fränkischen Kaiser, und der Klolterkunst, dem Macenalenthum der
Kirche verdanken wir vorzugsweise die Fülle der zu einem großen Theile heute
noch erhaltenen Kunstwerke dieser Periode. Fline sehr eingehende Untersuchung widmet
Falke der neuestens wieder viel ventilirten Frage, inwieweit die byzantinische Kunst
auf die Entwickelung der deutschen Kunst und Kunstindustrie Einßuss geübt habe und
er stellt zur Charakteristik der bestimmenden Merkmale mit überzeugender Beweis-
kraft eine deutsch-fränkische und eine byzantinische Arbeit einander gegenüber, nämlich
die Einbanddecken von dem Gebetbuch Karl's des Kahlen und das Hobenfurter Kreuz.
Ausführlicher werden dann noch einige Kunstwerke aus dem Schatze des Herzogs von
Cumberland, aus dem Dom zu Trier und aus dem Stift zu Essen besprochen und die
deutsche Kaiserkrone wird als eine unter Konrad II. entstandene unzweifelhaft deutsche
(nicht palermitanische) Arbeit erklärt.
Der dritte Abschnitt bespricht die deutschen kunstgewerblichen Erzeugnisse in der
Epoche des romanischen Stils, von der Mitte des elften bis zur Mitte des dreizehnten
Jahrhunderts. Die weltlichen und geistlichen Herren sind es, welche in dieser Zeit das