historische Werthschatzung des von Job. Bernhard Fischer von Erlach herausgegebenen
Kupfcrstichwerkes, das er rEntWUrf einer historischen Architektur. benannt hatte, einer
Publication, die man in den wenigen Fallen, wo ihrer überhaupt gedacht wurde, nur
als bizarres Curiosum flüchtig erwahnte. Ilg zeigte, wie sich auch in dieser Unter-
nehmung das außerordentliche, seiner Zeit vorauseilende Genie des großen Meisters be-
kundet; er wies nach, dass Fischer mit diesem hochmerkwürdigen Buche der wahre, erste
Gründer der modernen kunstgeschichtlichen Theorie geworden, indem er zum ersten
Male an eine Vergleichung der Stile nebeneinander dachte und durch Reproduction der
Schöpfungen der verschiedensten Nationen und Zeiten dem Studium nahebringen wollte.
Mit ganzer wissenschaftlicher Obicctivitat erhebt sich dabei Fischer weit über die engen,
beschrankten Grenzen seines Kunstzeitalters, indem er auch die Stile West- und Ostasiens
herbeizogß ja selbst von jenen des Mittelalters keineswegs mit der hochnasigen Gering-
schatzigkeit spricht, welche sonst immer der Barocke zum Vorwurf gemacht wird. Wie
Winckelmann auf dem Gebiete der Sculptur-, hat Fischer auf demjenigen der Architektur-
geschichte, und zwar viel früher als jener, den Grund zur wissenschaftlichen Auffassung und
Behandlung des Stolfes gelegt, der Oesterreicher blieb aber, wic in der Regel, vergessen.
Die Entstehungsgeschichte des merkwürdigen Buches, welches ursprünglich nicht so
geplant war, wie es 1712 in einem nur für den Kaiser bestimmten Exemplar, dann in
zwei öffentlichen deutschen und einer englischen Ausgabe erschien, ist durch die For-
schungen des Vortragenden erst begründet worden. Die Antheilnahme des gelehrten
Beranus, Fischer's Freund, die Beschäftigung der Kupferstecher Delsenbach, de la Haye,
Ulrich Kraus, Pfeife! und Engelbrecht wurde sorgfältig erörtert und nachgewiesen, des-
gleichen die Stellung des Sohnes, Josef Emanuel Fischer, als Zeichners zu dem Unternehmen.
Am I6. und 23. Februar hielt Custos Folnesics Vorlesungen vüber den Gold-
schmuck der Renaissancec. Im ersten Vortrage suchte derselbe das Wesen des Renais-
sanceschmuckes nach seiner künstlerischen Seite zu charakterisiren und den Zusammen-
hang einerseits mit den mittelalterlichen Formen, andererseits mit dem gleichzeitigen
Costüm nachzuweisen, sodann besprach derselbe die verschiedenen Arten des Schmucke:
jener Epoche und suchte endlich aus dem Vergleiche des Schmuckes der Renaissance
mit dem der Antike den richtigen Gesichtspunkt für die ästhetische Würdigung des-
selben zu gewinnem- Eine ausführlichere Mittheilung über den Inhalt dieser Vorlesung
behalten wir uns für eine der nachsten Nummern vor.
Der zweite Abend war dem historischen Theile des Gegenstandes gewidmet. Hier
gliederte sich der Stoff nach den Ländern und hervorragenden Statten der Goldschmiede-
kunst. Der Zusammenhang der Dinge führte zunächst nach Italien, wo die größere
Freiheit und Beweglichkeit im Zunftwesen schon am Ausgange des Mittelalters die
Wechselbeziehungen zwischen Kunst und Kunstgewerbe mächtig forderte, so dass die
hohe Kunst zur Zeit der Renaissance eine der maßgebendsten Entwickelungsfactoren auf
dem Gebiete der Goldschmiedekunst werden konnte. In technischer Beziehung trat das
Gewerbe ausgerüstet mit allen Feinheiten einer hochentwicltelten Fertigkeit im Emailliren,
Gießen und Treiben, im Fassen von Edelsteinen sowie in der Filigranarbeit in die neue
Epoche ein. Nur der Gemmenschnitt trat neu hinzu und wurde zum directen Vermittler
antiker Kunst. Am greifbarsten und anschauliehsten zeigt sich nun der Einfluss der
gleichzeitigen hohen Kunst auf den Goldscbmuck in der Anwendung der menschlichen
Figur in ornamentalem Sinne. Hier zeichnen sich namentlich Cellini und seine Zeit-
genossen, wie Ambrogio Foppa, Bartolommeo Bulgaro, Bernardino Burijor, Gajo u. A.
aus. Wie sehr die Compositionsweise der Italiener auch auf andere Lander Einfluss
nahm, das zeigen ganz besonders die Entwürfe für Schmuckgegenstande von H. Collaert.
Auf Deutschland übergchend skizzirte der Vortragende vor Allem die Thätigkeit in Augs-
burg und Nürnberg auf diesem Gebiete, wies auf die frühe Entwickelung der Gold-
schmiedekunst im Geiste der Renaissance gegenüber den anderen Kunstgewerben hin,
die uns berechtigt, von einem Goldschmiedestil im deutschen Kunstgewerbe überhaupt
zu sprechen, ähnlich wie dies in Spanien der Fall ist, betonte die lebhaften Beziehungen
der Augsburger und Nürnberger Goldschmiede zu den deutschen Fürstenhöfen und ging
sodann auf die Goldschmiedekunst in den deutschen Residenzstldten über. Hier wurde
besonders München zur Zeit der Herzoge Albrecht und Maximilian, Prag unter Rudolf II.
und Dresden unter dem Kurfürsten August ausführlicher besprochen. Besonders her-
vorgehoben wurden die Augsburger Meister Lotta, Reser, Peyerle, Boes und Krause,
die Nürnberger Holtermann und Hecl, die Münchener Zeggin, Wagner und vor Allem
Hans Mielich, dessen Entwürfe für den Schmuck der Herzogin Anna eingehende Wür-
digung fanden. Den Schluss der Besprechung der deutschen Schmuckarbeiten bildete
der Hinweis auf die eigentliche Quelle künstlerischen Schaffens auf diesem Gebiete, auf
die Stiche der deutschen Kleinmeister, auf diesen unerschöpflichen Schatz ornamentaler
Poesie, mit welchem die Deutschen unerreicht in der Geschichte der Kunst dastehen.
So weit es der Rahmen des Vortrages gestattete, wurden sodann noch die Siebenbür-