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nur eine kleine Auswahl von Porträtstichen und Flugblättern, Darstellungen
verschiedener festlicher Aufzüge, Trauergerliste u. s. f. getroffen werden,
welche allerdings neben dem costüm- und localgeschichtlichen des kunst-
historischen Interesses nicht entbehrt. Nennen wir das Unterrichtsbuch
der österreichischen Erzherzoge, bestehend aus 32 von Phil. v. Rotenberg
gemalten Bildtafeln für den Anschauungsunterricht (81), dann einige aus
der Bibliothek des k. k. Unterrichtsministeriums entnommene, zumeist
bei Trattner gedruckte Lehrbücher, mehrere bekannte Fest-Diarien, wie
Kriegl's Beschreibung der Erhhuldigung in Wien vom Jahre 1740, Ram-
hoEsky's Beschreibungen der Prager Huldigungsfestlichkeiten von 1743
und das von dem "vchurpfaltz-bayerischen Cammerherrnu J. C. Kaukol
1729 in Kupferstichen herausgegebene Gebetbuch "Christlicher Seelen-
schatzu mit seinen für die Zeit so charakteristischen zierlichen Zügen
und kunstvollen Linienverschlingungen, ein Geschenk der Kaiserin an
die Gräfin Erdödy (98) _ diesem in der Ausstattung sehr verwandt ist
ein Manuscript mit demselben Titel von 1718 (96), - so haben wir
Alles hervorgehoben, was unter den Büchern auch an sich und nicht
durch die Personen seiner einstigen Besitzer allein Interesse bietet, denn
die von Maria Theresia veranlassten oder unterstützten Prachtwerke der
Reichs- und Hof-Buchdrucker Kaliwoda, Kurtzböck und Trattner sind auf
der Ausstellung nicht vertreten.
Die Geschichte der österreichischen Kupferstecherkunst zur
Zeit der Kaiserin Maria Theresia knüpft sich vornehmlich an die hoch-
ragende Künstlergestalt Jacob Schmutzefs. Er war zuerst ein Schüler des
Medailleurs Matthäus Donner und erhielt an der Akademie Unterricht im
Figurenzeichnen, Malen und Bossiren. Zu seiner weiteren Ausbildung sandte
ihn die Kaiserin über Kaunitz" Vorschlag im Jahre 1762 nach Paris zu dem
seiner brillanten Technik wegen damals in ganz Europa berühmten Kupfer-
stecher Joh. Georg Wille, und als er mit reichen Erfolgen 1766 nach Wien
zurückkehrte, ernannte ihn Maria Theresia zum Hof-Kupferstecher und Di-
rector der am 1. Juli desselben Jahres eröffneten Kupferstecherschule, welche
schon wenige Monate später, am 10. November, den Titel einer k. k. Kupfer-
stecher-Akademie erhielt. ln der meisterhaften, sicheren Führung des Grab-
stichels kam Schmutzer seinem Lehrer Wille fast gleich, besonders bei seinen
großen Stichen nach Gemälden von Rubens. Aber auch als Porträtstecher
steht er neben den besten gleichzeitigen Meistern in Frankreich und den
Niederlanden. Zeuge dessen ist auf der Ausstellung sein Bildniss des
Fürsten Kaunitz (476). - Gleichzeitig mit Schmutzer kam auch der
Augsburger Schabkiinstler Johann Gottfried Haid, der sich in London
gebildet hatte, nach Wien und gründete hier mit Unterstützung des
kaiserlichen Hofes eine Specialschule für Schabkunst, welche späterhin
der Kupferstecher-Akademie einverleibt wurde. Haid's Schabkunstblätter
reichen zwar nicht an die der gleichzeitigen englischen Meister hinan,
sie sind nicht so frei und vornehm in der Auffassung, nicht so fein in