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ohne jeden religiösen Vorwand, in sein uneingeschränktes natura-
listisches Recht. Wie köstlich sind diese "Bambiniu, die sich
zum Theil aus Bettchen und Wickelbändern herauszustrampfen
suchen und mit ihren hellen Aeuglein ganz keck und vergnüglich
in die Welt schauen, wenn sie den Oberleib und etwa ein Füßchen
frei gekriegt haben! Was drinnen irn Hause und in dem Kinder-
garten des Hofes lebendig zappelte und schrie, tritt uns hier außen
in sinnreicher und dabei ungesucht naiver Verbildlichung entgegen.
Am Loggiato di San Paolo, der schönen lichten Halle
gegenüber der Kirche S. Maria novella, befindet sich gleichfalls
eine ganze Folge von Medaillons mit Heiligenfiguren, diese
aber von geringerem Werth; namentlich gegenüber der bedeut-
samen Lunette über der Westthür der Halle -- S. Franciscus mit
S. Dominicus -- die ich bereits erwähnt habe, können sich jene
im Eindruck nicht behaupten.
Vereinzelte M edaillons, immer mit üppigyollerUmkränzung,
gingen zahlreich aus Andrea's Werkstatt hervor. Meistens sind es
Weihegaben für den Madonnencultus. Ein schönes Beispiel dieser
Art, zugleich bezeichnend für die lieblich-natürliche, mehr genre-
hafte Auffassung Andrea's wäre die heil. Jungfrau mit dem
Kissen aus der Collection von San Donato. Das Kind ergreift
mit der Linken fast heftig den Kopfschleier der Madonna, mit der
Rechten umfasst es spielend den Daumen der Hand der Mutter,
mit der sie es stützend auf dem Kissen hält. ln solchen kleinen,
intimen Zügen der Belauschung der Kindernatur ist Andrea uner-
schöpflich. Eine Anbetung des Kindes (aus der Robbia-
Sammlung der Akademie der Künste in Florenz) ist ein gefällig
cornponirtes Rundbild mit ganzen Figuren und einiger Landschaft
dazu. Alles geht in eine naive Gebetstimmung auf: die Madonna,
innig vorgebeugt, hält die Hände inbrünstig gefaltet, ebenso ihr
gegenüber der kniende Johannesknabe, der schon sein härenes .
Wüstencostürn trägt; die schwebenden Cherubim beten mit gekreuzten
Händen, und sogar die Krippethiere, Ochs und Esel, lagern auf
den Knien.
3. Die Tabernakel: eingerahmte Reliefs, an den Wandflächen von
Privathäusern, von Klöstern, Stiftungsgebäuden etc. Hier wären zwei
Species zu unterscheiden: einmal das Reliefbild im überhöhten Rund-
bogen, dann jenes in der Einrahmung der Mandorla.
Bei der ersten Art tritt der Blätter, Blumen- und Fruchtkranz
häufig als selbständiger Bildrahmen auf, ohne jede Vermittlung gleich
von der Basis aus beginnend; er erscheint dann wulstartig-dicht, im Unter-
schiede von der meist loseren Umkränzung des Lunettenbogens. Daneben
gibt es auch folgende Form: der Rahmen behält noch eine gewisse
architektonische Haltung, ist nach Innen durch ein Leistenglied, nach