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werden kann, dass sie neu oder wieder neu sind. Dahin gehört z. B.
die diagonale Musterung von Trinkgefäßen ohne einen Randabschluss.
Das größte und in mehreren Beziehungen merkwürdigste Stück dieser
Abtheilung ist die von Lötz, Witwe (M. v. Spaun) in Klostermühl in
mehreren Exemplaren ausgestellte Kaiser-Franz-Josef-Vase von P35 Meter
Höhe und o'7o Meter Durchmesser. Sie ist von Jos. Storck entworfen,
von H. Klotz modellirt, in Jaspisglas mit Bronzefassung und Glassteinen
ausgeführt, und verdient ebenso wegen der Originalität der Composition,
wie wegen der außerordentlichen technischen Leistung die höchste An-
erkennung. Die Glasmalerei ist in der Hauptsache durch die Tiroler An-
stall würdig vertreten.
Auf dem Nachbargebiete der Thonindustrie nimmt diesmal die
Ofenfabrication einen bedeutenden Raum ein. Aber wie bezeichnend für
den raschen Wechsel der Mode! - Der kaum wieder zu Ehren gebrachte
grüne, braune oder polychromirte Kachelofen wird bereits wieder durch
die capriciösesten Schnörkelgebäude in den zartesten Farben und durch
den weißen sogenannten Porzellanofen verdrängt. Gebrauchs- und Luxus-
geschirre sind in reichster Auswahl von E. Wahliß (mit Fischer 8c Mieg
in Karlsbad, Zsolnay in Fünfkirchen u. A.), Haas 8! Czizek, Stellmacher
ausgestellt. Wie bei den Gläsern vertragen auch bei den Porzellangefäßen
die verschiedensten Stile und Richtungen sich nebeneinander, so dass
es schwer wäre, eine Strömung als die herrschende zu bezeichnen,
wenn nicht die Menge von (mitunter bis zur Carricatur) naturalistisch
behandelten und bis zur Naturgröße sich versteigenden Figuren und
Büsten verriethe, nach welcher Seite der Geschmack sich neigt. In der
Porzellanmalerei von Rädler ä Pilz und Anderen überwiegt noch die
Altwiener Manier, doch ebenfalls mit immer entschiedeneren Zugeständ-
nissen an den Naturalismus. '
In sehr großer Zahl haben sich an der Ausstellung Tischler und
Tapezierer betheiligt, und größtentheils einzeln oder zu Zweien und
Dreien ganze Zimmereinrichtungen geliefert. Wie bei solchen Gelegen-
heiten fast immer, muss dabei häufig der praktische Zweck gegen die
malerische Wirkung zurücktreten, und wird vorwiegend auf das Gefallen
solcher Kreise gerechnet, welche sich dem Geschmacke des Decorateurs
unterwerfen und mit jeder Mode ihr Mobiliar wechseln. ln der Mode
sind nun die Stile des vorigen Jahrhunderts, und während die uKleinerenc
sich jetzt anschicken, in das Rococo wohl oder übel sich einzuleben,
schwimmen einige "Große-n, insbesondere Tapezierer, bereits im vollen
Fahrwasser des Louis seize und des Empire. Lichte und zarte Farben
in den Stoffen, Lackirung und Vergoldung des Holzes, daneben das
Mahagoni in der Naturfarbe herrschen wieder wie vor fünfzig Jahren;
die Teppichfabrication sucht ebenfalls schon den Uebergang vom Orien-
talismus, vorläufig zu den Farbentönen einer Zeit, die man als über-
wunden anzusehen gewöhnt war, und sie wird daher folgerichtig wohl
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