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Die Werkstatt der della Robbia und das Majolika-
Ornament.
Von Prof. Dr. Josef Bayer.
(Fortsetzung)
Nur einmal kehrte unser Meister schon früher zu einer Marmor-
Aufgabe zurück - in dem Grabmonument des 1450 verstorbenen
Bischofs von Fiesole, Benozzo Federighi, das er bereits 14.56 in
seiner Werkstatt fertig liegen hatte, ehe es (mehrere Jahre darauf) an
seinem Bestimmungsorte, in S. Pancrazio, aufgestellt wurde. Gegenwärtig
beHndet es sich in dem Kirchlein S. Francesco di Paola unter Bello-
sguardo bei Florenz. Das architektonische Motiv ist von der erdenk-
lichsten Einfachheit: eine Eilachnische, an deren dreitheiliger Rückseite
Christus über dem Grabe, die trauernde Mutter und St. Johannes im
Relief dargestellt sind; sie stehen ziemlich trocken und gbeziehungslos
nebeneinander, als wären sie in die Verkleidung eines Schrankes ein-
gesetzt. Davor der Sarkophag, den ganzen Breitraum füllend; an der
Vorderseite desselben zwei Engel mit langen Schwingen und Gewändern,
welche den Kranz halten, der die Inschrift einrahmt. Sie haben etwas
von der schönen schwebenden Bewegung der Engel Ghiberti's an dem
Schreine des heil. Zanobius im Chor des Domes von Florenz. Die Gestalt
des Verstorbenen, das Haupt mit einer Mitra bedeckt, liegt würdig und
edel in friedvollem Schlaf auf dem Deckel des Sarkophages. Das ganze
Marmor-Monument ist aber merkwürdigerweise in einen breiten, vier-
eckigen Majolikarahmen gleichsam hineingeschoben, der innerhalb der
Randgliederungen eine reich ausgestattete, ringsum laufende Friesdeco- '
ration aufweist. Es ist ein durch oblonge Einfassungen gruppirter Blätter-
und Fruchtkranz - nur gemalt und glasirt, aber nicht mehr plastisch.
Damit war ein weiterer Ausblick in die Majolikatechnik eröffnet.
Die kleinen Medaillons mit den Kalender-Illustrationen der zwölf Mo-
nate - die das South Kensington-Museum in London besitzt - sind
wieder nur gemalte und glasirte Flachbilder. Wilhelm Bode ') vermuthet
in denselben Ueberreste aus jenem mit glasirter Thondecoration reich
ausgestatteten Zimmer im Palazzo di Medici (jetzt Riccardi), dessen Vasari
gedenkt. Von diesen Rundbildern mit den Monatsdarstellungen ist nur ein
Schritt zu den späteren gemalten Majolikaschüsseln. Bode hat Recht,
seine Verwunderung darüber auszusprechen, wdass weder Luca noch seine
Schüler ihre Erfindung für das Kunstgewerbe verwerthet habenn, obgleich
sie die ganze Technik für dasselbe schon in Bereitschaft hatten. Aber
wir können dagegen auch mit Befriedigung constatiren: nur darum erhielt
sich die Kunst der glasirten Terracotta so lange als edler, perennirender
") Vgl. dessen werthvolle Abhandlung: xDie Künstlerfamilie della Robbinc in dem
Sammelwerk: xKunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeitx, herausgegeben
von Dr. Robert Dohme, 1878. (Zweite AhtheiL, t. Bd. XLVll, S. 14.)