Kunstzweig im höheren, idealen Dienst, weil sich die Meister dieser
Werkstatt auf die so nahe liegenden, materiellen Folgerungen ihrer
Technik in einer (wir möchten sagen) verehrungswürdigen Befangenheit
und Zurückhaltung nicht einließen. Für die Schüsseln und Teller hatte
es noch Zeit genug.
Der Neffe des großen Luca della Robbia, Andrea, war der eigent-
liche Majolika-Specialist, der Fachmann dieses Kunstbetriebs. 1437 als
der Sohn des Marco, des älteren Bruders von Luca, geboren, kam er
jung in das Atelier des Oheims, war Jahrzehnte mit ihm gemeinschaftlich
thätig und wurde der geistige Erbe der Kunstweise Luca's, wie er auch
der materielle Erbe seines ganzen artistischen Nachlasses war. Er starb
1528 und erreichte demnach ein noch höheres Alter als Meister Luca.
Der langen Lebensdauer des Oheims und Neffen ist überhaupt die ver-
hältnissmäßig lange Existenz des Kunststiles zu verdanken, welcher durch
ihre Persönlichkeiten getragen war. Es berührt uns eigenthümlich, wenn
wir bei Vasari lesen: vlch erinnere mich aus meiner Knabenzeit noch
recht wohl, dass ich ihn erzählen oder vielmehr sich rühmen hörte, er
habe den Donatello mit zu Grabe tragen helfen; eine Sache, die jener
gute Alte sich sehr zur Ehre rechnetem Drei Zeitalter treffen da zu-
sammen: Andrea della Robbia blickt auf Donatello zurück und der junge
Bursche Vasari schaut verwundert in das Auge Andrea's. Wie muss
aber dieser in seinen alten Tagen die ganz veränderte italienische Kunst-
welt mit kopfschüttelnder Verwunderung betrachtet haben!
Andrea entwickelt mit einem freien, weitausgreifenden, umsichtigen
Talent jene Züge aus Luca's geistiger Erbschaft weiter, die mittheilungs-
fähig sind, das künstlerische Starnmcapital einer Werkstatt bilden können.
Er geht in's Liebliche und Sympathische über, aber eine reine Empfin-
dung bewahrt ihn dabei vor dem Conventionellen; er wird gefällig, ohne
ausdrücklich gefallen zu wollen. Die schöne, natürliche Frömmigkeit der
Kunst war damals noch immer eine sichere Schutzwehr gegen artistische
Gefallsucht.
Andrea hatte das Glück, fünf Söhne gleichmäßig für sein Metier
erziehen zu können: Girolamo, Luca, Paolo, Giovanni, Marco. Das will
etwas besagen. Girolamo wird später von König Franz I. nach Frankreich
berufen; da man einem Italiener in der Fremde alles Kunstvermögen zutraute,
wird er dort als Architekt verwendet, und baut und decorirt das Lust-
schloss Madrid im Bois de Boulogne'). Luca, der im Auftrage RafaePs die
') Vasari, V. di Luca della Robbia. T. ll, p. x83. xGirolamo.... fu condotto in
Francia; dove fece molte opere per lo re Francesco a Madri, luogo non molto lontano
da Parigi; e particolarmente un palazzo, con molte Egure ed altri ornarnentic etc. -
Nach neueren Untersuchungen will man wissen, dass das Schloss Madrid -welches der
Zerstörungslust der französischen Revolution zum Opfer fiel und uns nur aus den Auf-