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Full text: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 3)

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dabei sind, deren Ausführung mehr als Jahresfrist gebraucht hat; viel- 
mehr sind es die ldeen, welche erst nach und nach aus den Anregungen 
hervorgingen und langsam reiften, und ebenso konnten erst nach und 
nach im Laufe der Zeit die geschickten Hände gebildet werden. Noch 
heute sind Diejenigen, welche solchen Aufgaben gewachsen wären, nur 
in geringer Zahl vorhanden. 
Wir haben "gesagt, dass die Gegenstände dieser Ausstellung der 
Thatkraft eines einzigen Mannes ihre Entstehung verdanken, und in 
Wahrheit kann wohl auf dem ganzen Gebiete der Kunstindustrie Niemand 
mit mehr Recht der Vater und Schöpfer der seinen Namen tragenden 
Gegenstände genannt werden, als es bei Ludwig Lobmeyr der Fall ist. 
Ja indirect ist er auch der geistige Urheber vieler anderer Gegenstände, 
welche nicht seinen Namen tragen, die aber nach seinem Beispiele und 
Vorgange geschaffen sind. Es thut der Originalität keinen Eintrag, dass 
die meisten dieser Gegenstände in der Kralik'schen Fabrik zu Adolf 
(MeyfsNeiTe) ausgeführt sind, noch dass die Beischriften namhafte Künstler 
als Zeichner nennen. Keiner von allen diesen in Form und Verzierung 
so mannigfachen Gegenständen wäre ohne Ludwig Lobmeyr entstanden; 
sie sind als sein eigenstes Werk zu betrachten, so sehr auch die An- 
regungen ihm von außen, zumal durch das Oesterr. Museum, gekommen 
sind, so viel auch andere Hände an der_Ausführung thätig waren. 
Wir überblicken den ganzen Zeitraum seit der Gründung des 
Oesterr. Museums mit voller Klarheit. Was leistete damals die öster- 
reichische Glasindustrie? Was konnte sie leisten? Die Reinheit und Politur 
des Krystallglases war ihre höchste Leistung, aber die Formen waren 
schwer, plump, unschön, und das bunte Luxusglas, das durch alle Welt 
ging, suchte seinen höchsten Stolz in der Nachahmung des Porzellans 
und seiner Malereien und hatte keine Ahnung, welches Kunstmittel in 
seiner Transparenz, in seiner eigenen unvergleichlichen Farbenpracht, in 
seinem strahlenden Glanze gelegen war. Von Allem, was die Geschichte 
des Glases an Reizen und Etfecten darbot, ahmte man nur das sogenannte 
altdeutsche Fichtelgebirger Glas nach, die grünlichen Humpen mit Wappen 
und Adlern und Kaisern und Kurfürsten, und auch von diesem Glase 
verkannte man seine Schönheit, sowohl in der Farbe des Glases wie in 
der Malerei. ' 
Sollte geholfen werden, sollte den Anforderungen einer neuen Zeit 
und eines neuen Geschmackes entsprochen werden, so musste die Glas- 
industrie künstlerisch sich auf ein neues Princip stellen, sie musste die 
glänzenden Eigenschaften ihres eigenen Materials ausbeuten und nicht 
andere Material: nachahmen. Dieses erkannt und durchgeführt zu haben, 
ist das Verdienst Ludwig Lobmeyfs, und damit hat er überhaupt um 
die österreichische Glasindustrie sich ein Verdienst erworben. Er ist ihr 
unbestrittener Führer geworden und behauptet diesen Platz.
	        
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