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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 4)

 
Blattgrün der Zweigguirlanden in den schwarzen Localton über; wie 
schön keimen die leichten Landschaftscontouren aus den schwarzen 
Wandspiegeln! - 
Zur zusammenfassenden Charakteristik des Stilcharakters dieser 
Decorationen geben uns schließlich die scharfsinnigen Untersuchungen 
von A. Mau über die Geschichte der decorativen Wandmalerei in Pompeji 
eine schätzenswerthe Handhabe. Er stellt mit Berufung auf das Zeugniss 
des Vitruv ') für die Entwickelung der italischen Zimmerdecoration drei 
Stilperioden auf: den Incrustationsstil, den Architekturstil, den 
eigentlichen Ornamentstil. 
Der lncrustationsstil wäre die erste, auch die einförmigste Methode 
der Wandmalerei, welche den geringsten Wechsel der Motive zulässt. 
Die bunten Marmorplatten, mit denen die Wände bei kostbarer Aus- 
stattung bekleidet waren, werden nach einem gewissen Farbenschema 
imitirt, und zwischendurch die vertieften Fugenlinien hingezogen. Die 
Abtheilung findet gelegentlich durch Pilaster statt, die noch mäßig 
hervortreten, wie denn auch die Epistile und Gesimse in Stuck ge- 
bildet werden. 
Sobald sich jene Pilaster in gemalte Säulen umwandeln, hat sich 
der Uebergang in den Architekturstil vollzogen. Die Wand hört auf, 
eine starre Fläche zu sein. an welcher die verticalen und horizontalen 
Gliederungen gleichsam festkleben, sie wird zu einem Architekturbild, 
welches immer mehr an bewegter Compusition, an rualerischem Ausdruck 
gewinnt. Die Säulen verlangen von selbst eine scheinbare Ablösung vom 
Grunde. einen lebendigeren Contrast der Formen und Farben, eine 
prägnantere Behandlung der Sockel und bekrönenden Gliederungen und 
dergleichen mehr. So verwandelt sich die Wand in eine Scenerie, in einen 
wohldisponirten Scheinbau "). 
 
',) Vitruvii de Architectura lib. VlI, c. V, t. z, n. . . ex eo antiqui qui initia 
expolitionibus instituerunt iruitati sunt primurn crustarurn marmorearum varietates et 
cunlocationes, deinde cnronarurn et ailaceorum cuneorum inter se varias dietributiones; 
postea ingressi sunt ut etiam aediliciurum figuras, columnarum et fastigiorum eminentes 
proiecturas imitarentur elcu [Die Alren, als sie die Wandausschmücltung einführten, 
haben zuerst die wechselnden Lagen der marrnornen Belegplatten nachgeahmt, dann die 
Gesimse und versehiedenformig mit einander abweehselnden ockergelben (und mannig- 
rothen) Felder. Darauf machten sie den Fortschritt, dass sie auch Gebäude und Saulen, 
wie hochragende und weitausladende Giebel, in ihren Wandgemalden nachahmten u. s. f.] 
") Allerdings blieb neben der Wandmalerei die lncrustation nach wie vor das 
beliebte Ausstattungsmittel im Dienste des Pracbtsinnes, dem an der Schaustellung des 
Materials mehr gelegen war, als an der künstlerisch formalen Wirkung. Die Marmor- 
verschwendung in Wandverkleidungen war schon in der letzten Zeit der Republik in voller 
Uebung. Neben den echten Tafeln (crustae marmoreae) musste, wo man mit geringeren 
Mitteln hoch hinaus wollte, der imitirte Stuckmarmor - die Technik der lmpastation - 
herhalten; dies war das Geschäft der tectores und marmorarii (der wKunstmsrmoriren, die 
also du Alterthum bereits kannte). Dieersten Marmorbekleidungen der Wande führte nach 
dem Zeugnis: des alteren Plinius der reiche Mnmurra, der praefectus fabrnrum des J. Csesar
	        
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