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muss. Es dürften diese Beobachtungen für die Frage der künstlerischen
Schulung Lehmann's nicht unwichtig sein.
Die mittlere Figur, die Nobilitas, hält mit ihren Händen ie einen
Wappenschild, den sie auf ihre Kniee aufstützt. Da sie den Adel vor-
stellt und zwei Schilde vorzeigt, so ist es klar, dass es sich um eine
eheliche Allianz handelt, und das Glas somit ein Hochzeitsbecher ist.
Sehen wir uns nun weiters um, welchen Geschlechtern die Wappen
angehören. Jenes zur Rechten ist quadrirt, zeigt in r und 4 einen (gol-
denen [auf dem Glase selbstverständlich farblosenl) Panther (in Schwarz),
in 2 und 3 einen gekrönten Löwen (von Gold und Blau getbeilt in Roth).
Dies ist das Wappen der österreichischen Familie Losenstein. Das Wappen
zur Linken, ebenfalls quadrirt, hat in r und 4 eine Mauer mit drei
Crennelirungen, darüber einen sechsstrahligen Stern, in 2 und 3 einen
gekrönten Löwen, - also das Wappen der gleichfalls österreichischen
Familie der Rogendorf oder Roggendorf, welches bekanntlich Dürer in Holz
geschnitten hat. Man findet es gemalt auch auf einem gothischen Flügel-
altar, welcher aus dem den Rogendorf gehörigen Pöggstall in Nieder-
österreich stammt und heute in Ambras in Tirol aufgestellt ist. (Siehe
llg und Boeheim, Das k. k. Schloss Ambras, pag. 75.)
Ueber die Glieder genannter Adelsfamilien, um die es sich in dem
Falle handelt, sind wir ebenfalls unterrichtet. Wolf Sigmund Herr von
Losenstein, Kaiser Rudolf's Regiments- und Reichshofrath, dann Kaiser
Mathias' und Ferdinand ll. Hofmarschall, Herr der Herrschaften Losen-
stein, Losensteinleuten. Gschwendt, Wolkersdorf, Grueb und Slißenbrunn,
vermählte sich in erster Ehe zu Linz am g. Februar 1592 mit Susanna
von Rogendorf, Tochter des Georg Ehrenreich I., Herrn von Rogendorf,
und der Elisabeth, Freiin von Dobra. Susanna war die Witwe des am
9. September 1585 in Linz kinderlos verstorbenen Gundacker von Star-
hemberg zu Payrbach, mit dem sie ihre erste Vermählung am 24. Juni
1576 im Schlosse Rogendorf zu Pöggstall eingegangen war. Nach sechs-
jähriger Witwenschaft reichte sie zum andern Male die Hand dem Losen-
steiner. lhr Sterbeiahr ist nicht bekannt; der zweite Gemahl schloss
aber wieder rnit Anna von Stubenberg einen Bund, überlebte auch diese
Gattin und starb 1624.
Im fürstlichen Hause Schwarzenberg ist über Provenienz und Er-
Werbung des kostbaren Pocales absolut Nichts bekannt. Nicht einmal
soviel lässt sich eruiren, ob das Glas schon seit längerer Zeit im Besitze,
oder eine moderne Acquisition sei. Letzteres dürfte das Wahrscheinlichere
sein, denn zwischen den beiden österreichischen Familien, welchen die
dargestellten Wappen angehören, und dem Geschlechte der jetzigen
Eigner besteht nicht die geringste historische Beziehung. Man wäre wohl
sehr verlockt, dem Umstande, dass das Werk des in Prag beschäftigt
gewesenen Meisters noch heute in einem Schlosse Böhmens sich befindet,
dass eine in diesem Lande historische Familie es gegenwärtig noch