MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 5)

E327 
bildete die Landschaft immer reicher und reicher aus, das Studium der Perspective findet 
allmalig seine Pflege und endlich seine volle Ausbildung in dem Tractat über Malerei 
von Lionardo da Vinci, womit auch gleichzeitig die vollste Kenntniiis des Wesens der 
Landschaft zu Tage tritt. Hervorragend coloristisch wirken die venezianischen Meister, 
an der Spitze Giorgione und Tizian; sie erscheinen in ihrer landschaftlichen Auffassung 
gefördert namentlich durch die Nahe der wechselvollen Erscheinungen von Meer, Ebene 
und Hochgebirg, ivahrend gleichzeitig durch die ganze italienische Landschaftsmalerei 
ein stilistischer Zug geht, welcher seine Begründung vornehmlich in dem großzügigen, 
überhaupt vornehmen Ausdruck der Formen und Farben dieser Natur findet, Die Caracci- 
und Dominichintfschen Landschaften dürften wohl als die ersten Bilder zu bezeichnen 
sein, in welchen die landschaftliche Darstellung als die Hauptsache erscheint. Claude 
Lorrain und die Poussins führen die italienische Landschaftsmalerei auf den Gipfel- 
punkt ihrer Bedeutung, wonach auch dieselbe fur lange Zeit die Führerin einer freilich 
sich auch endlich verbrauchenden Geschmacksrichtung wurde. 
Auf eine so frühzeitig erfolgende, selbständige Entwickelung und Vollendung der 
Landschaftsmalerei wie in den Niederlanden und später auch in Italien kann in Deutsch- 
land nicht hingewiesen werden. Bei Dürer, Cranach, Altdorfer u. A. erscheint die Land- 
schaft wohl schon in kaum geringerer Bedeutung als bei den van Eycks, doch aber 
bleibt sie fast durchaus an den Hintergrund gebunden; man kann sagen, erst Elsheimer 
schuf eine Reihe von landschaftlichen Darstellungen, in denen der ügurale Vorgang zur 
Stalfage herabgedrückt erscheint, wodurch die Landschaft zum selbständigen Bildobjectc 
wird. Aber auch dann gelangt die Landschaftsmalerei in der deutschen Kunst nicht zu 
derjenigen Selbständigkeit und künstlerischen Erscheinung wie in Holland, in den Nieder- 
landen und Italien, sie halt sich im ganzen I7. und 18. Jahrhundert: an fremde Typen 
und gelangt, wie in Frankreich, erst in unserem Jahrhundert zu wahrhaft eigenartiger, 
nationaler Bedeutung. Für die Entwickelung der modernen deutschen Landschafts- 
malerei war daher vor Allem J. A. Koch als bahnbrechend zu betrachten, indem er sich 
bestrebte, der abgeleierten Herkömmlichkeit durch frische und gesunde Naturanschauung 
zu begegnen. ln Wien weisen Rebell, Steinfeld und Euder, aber auch der daselbsi 
schaffende Radirer Erhart auf den zu betretenden Pfad einer naturgesunden Kunstrichtung. 
Die vormarzliche Kunstepoche Wiens wird zu einer hochinteressanten und werthvollen 
Erscheinung reizvollster lntimitat. Gauermann, H0_ger, Feid, Hansch, Waldmüller, Fendi, 
Alt, Holzer, Selleny, Marko u. s. w. sind Namen, denen heute noch die volle Geltung 
gebührt. In München entsteht, namentlich gefordert durch den kunstfreudigen Monarchen 
Ludwig l. in den ersten Decennien bis über die Mitte unseres Jahrhunderts eine viel- 
seitige Landschaftsmalerei in machtvoller Bedeutung, desgleichen in Düsseldorf, woselbst 
die Hauptmeister Schirmer, Lessing, die Achenbach's u. s. w. die Landschaftsmalerei der 
Gegenwart nicht nur bei wahrhaft großartiger Naturauffassung, sondern auch in vordem 
nie gesehener Entwickelung erschlossen haben. 
Frankreichs grüßte Bedeutung auf dem Gebiete der Landschaftsmalerei fallt ebenv 
falls in die neueste Zeit. Die altere Richtung war durchaus von den Poussin's und Claude 
Lorrain abhangig, während in der Zeit der Watteau, Boucher, Fregonard u. s. w. die 
Landschaft doch nur als gefällige Decoration für die damals beliebten Schaferscenen und 
üppigen Gesellschaftsstücke betrachtet werden kann. Um so bedeutungsvollen Pflege 
findet die Landschaftsmalerei in Paris im tg. Jahrhundert; es sind wahrhaft bahnbrechende 
Erscheinungen zu verzeichnen, welche theils auf dem Gebiete des fein erwogenen Natu- 
ralismus oder in romantischer Richtung bisher zu Tage getreten sind. 
- Am 7. Februar hielt Hofrath Professor Dr. Hermann Zscholtlte einen Vortrag 
über rDie Ruinen von Baalbekt. 
Der Vortragende beginnt mit der Schilderung des Gebirgszuges des Libanon, der 
das, was ihm an Reichthum der Formen gebricht, durch die Mannigfaltigkeit seiner 
Farben ersetzt, da von seinem Fuße bis zum schneebedeckten Kamine beständig die vier 
Jahreszeiten vertreten sind. Die größte Abwechslung bieten die verschiedenen pflanzen- 
geographischen Zonen. Daran reiht sich eine geologische Schilderung des Libanon, der 
durch tiefe enge Thalschluchten sich auszeichnet. Besonders ragt hierin die Thalschlucht 
des Nahr el-Kadischa (des heil. Flusses) hervor, welche zumeist von Maroniten bevölkert 
ist. Der Vortragende führt uns von ßatrun über Ehden zu dem Cedernhaine, der nur 
mehr sieben uralte Cedernbaume enthält, deren größter einen Umfang von t4'], Meier 
hat. Ueber die Passhohe Dahar el Kadib, 26m 'Meter hoch, führt der Weg über den 
Libanon hinab in die Thalfarche EI Beltaa (Coelesyrien), die Igoo-noo Meter tief 
zwischen dem Libanon und Aniilibanon sich einsenkt, zwei Stunden breit ist und als 
Weideplatz dient. An der Ostseite derselben liegt das Stadtchen Baalbek mit den Ruinen. 
Baalbek war der Sitz eines dem Sonnengotte Baal gewidmeten Heiligthurnes, welches 
in der Zeit, als die Karawanenstraße der Phonizier in die Euphrailantler die Ebene Coele- 
syrien durchzog, den religiösen Mittelpunkt bildete. Nach der Sage soll Saloinon das
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.