in der Vorlage gegeben war, - das warnt uns, Colin so ohneweiters unter die ersten
Namen zu reihen, wenn er such ein vorzüglicher Bewaltiger des Materials in allen Fallen
bleibt. Wie wsre es sonst denkbar, dass der geschmackvolle Kenotaph Max l. in lnns-
bruck und das rohe Monument im Veitsdom zu Prag von demselben Colin herrühren?
Ich muss mich, um nicht zu weitschweifig zu werden. begnügen, im Obigen im
Allgemeinen über Schönherfs datenreiche Schrift einige Gedanken ausgesprochen zu
haben; nur Ein Umstand, bei dem er jedenfalls im lrrthum ist, soll noch beleuchtet
werden. Nach Acten vom Jahre t564f65 hatte Colin für den Erzherzog Ferdinand im
lnnsbrucker Thiergarten einen ehcrnen Brunnen mit Aktaeon und anderen Figuren gießen
sollen. Ob das Werk zur Ausführung kam, geht aus den Urkunden nicht hervor; Schon-
herr aber will wenigstens den oberen Aufsatz dieser Fontaine gefunden haben. Als namlich
5c. kaiserl. Hoheit Herr Erzherzog Karl Ludwig sich als Statthalter Tirol's im Lande
aufhielt, wurde von demselben ein solcher Bestnndtheil eines Brunnens kiuflich in Ro-
veredo erworben und nach Schloss Ambras gebracht, von wo ich denselben 188! in die
hiesige Sammlung übernahm. Da diesen Brunnenaufsatz nun wirklich die Figur des
Aktaeon bekront, so ist es für Schonherr gar kein Zweifel, dass der Brunnen für den
lnnsbrucker Thiergarten wirklich vollendet worden und eben dieses, jetzt in Wien be-
findliche Object ein Fragment davon sei. Dass in der Urkunde von drei Göttinnen die
Rede ist, am Brunnen aber vier vorkommen; dass am Fuße das Wappen der Madruzzo
angebracht ist, genirt ihn dabei nicht; er macht sich Hugs die Deutung zurecht: weil eben
das Project für den Landesfürsten nicht ausgeführt worden war, so verachalTte sich jene
stidtirolische Familie das Modell, setzte ihr Wappen an Stelle des erzherzoglichen und
das Stück kam zu Stande. Das Kronen einer Brunnensaule mit dem Bilde des Aktaeon,
sagt der Verfasser, ist sein so ungewohnlicher Gßdßnkta, dass, wenn ihm im Lande ein
derlei Brunnen vorkame, sich Jedem der Gedanke aufdrängen müsste, das sei der in
Rede stehende. Nun, ich habe das Alttaeonmotiv bei Brunnen in der deutschen Renais-
sance umgekehrt gerade sehr häuüg beliebt gefunden, und was wurde der Verfasser wohl
sagen, wenn ihm bekannt wnre, dass sich in der Bibliothek der Ambrasersammlung ein
rPrunnwerkhn betiteltes Sammelbuch desselben Erzherzogs Ferdinand befindet, in welchem
unter den mannigfachen Entwürlen zu Fontainen das Aktaeonmotiv mehrere Male,
immer verschieden, in Handzeichnung vorkommt, ganz abweichend von dem bronzenen
Fragment, aber viel geistreicher componirt, so dass erst die Frage entsteht, ob nicht einer
jener Entwürfe viel eher mit dem für den lnnsbrucker Thiergarten und mit Colin Etwas
zu thun habe, als das nüchterne Brunnengerüst, welches ihm Schonherr zuschreibt? -
Die Monographie über den Meister, welche noch geschrieben werden soll, wird dieser
Arbeit viel Stoß verdanken, aber auch viel zu corrigiren und vor Allem erst Geist und
ldee in die Sache zu bringen haben. llg.
l
Les manufactures nationales: Les Gobelins, la Savonnerie, Sevres, Beauvais.
Par H. Havard et M. Vachon. Paris, Georges Decaux, 1889. 4'.
632 S. 75 Taf. M. 30.
Seine zweihundertjahrige Hegemonie auf kunstgewerblichem Gebiete verdankt
Frankreich zum großen Theile jenen tnsnufactures nationales, deren Geschichte in dem
vorliegenden Buche erzählt wird. Gegründet sind sie zwar - mit Auanshtne der Go-
belins - als Privatsnstalten; aber schon in ihren ersten Anfängen konnten sie der
Staatshilfe nicht entrathen, die ihnen in der Folgezeit sowohl unter monarehiscber als
unter republikanischer Herrschaft stets zu Theil ward, ja selbst von der Revolution in
den Tagen der Schreckensmanner nicht vollständig verweigert wurde. Die erste Stelle
nimmt unstreitig die seit 1667 bestehende manufacture royale des meubles de la cou-
ronne ein, d. i. jenes Etablissement des Gobelins, wo die hienach benannten Wandteppiche
erzeugt .wurden. Aber unter ihrem Gründer Louis XlV. und noch splter bis gegen die
Revoluttonszeit hin beschäftigte diese Anstalt neben den Teppichwirkern auch viele
andere Kunstler: Goldschmiede, Graveure, Bildhauer, Maler, Mobeltischler set autres
bons ouvners en toutes sortes d'arts et de metiersu, wie g; im Grnndunsuqgug heißt.
Allerdings erfreute sich das textile Gebiet ganz besonderer Aufmerksamkeit, wie auch
zwei weitere Staatsanstalten beweisen: die Plüschteppich-Weberei der Savonnerie, die
schon unter Henn lV. gegründet ward, und an die in_Paris nie ganz ausgestorbene Thatig-
keit der mittelalterlichen tapissiers sarazinois angeknüpft haben soll, und die bgsse-lisse-
Wirkerei zu Beauvais, die unter Louis XIV. ihre Entstehung gefunden hat. Die vierte
Anstalt ist diejenige von Sevres, bei deren Anfangen Diebstahl, List und waghalsige Spe-
culation dieselbe Rolle spielten, wie bei der Gründung vieler anderer Porsellaufabriken.
im Jahre 1740 zu Vincennes gegründet, befand sie sich Anfangs in den Hlnden einer
Compagnie, die sich aber nur durch Zuschüsse des Königs halten konnte. Der Einfluss
der Frau von Pompadour kam der Anstalt sehr zu statten; ihrem Eingreifen ist die
_1