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Und gesetzt, das Bestreben gelänge, Deutschland schafft sich auf
diese Weise einen eigenen, nationalen Styl -- was ist die Folge? Die
Folge ist einfach der Ausschluss vom Weltmarkte, die commercielle Be-
schränkung auf das Vaterland, eine patriotische Befriedigung, aber ein
schlechtes Geschäft! Man, kann aus der nationalen Kunstarbeit, wo sie
noch vorhanden ist, Motive herausnehmen und sie für unsere Industrie
vcrwerthen, aber man kann keinen nationalen Styl mehr schaffen. Wie
die ganze europäische Civilisation nur ein einziges Kleid, das Kleid der
Mode trägt und eigentlich immer getragen hat, so kennt sie und wird sie
nur einen einzigen Geschmack kennen, der ihre Schöpfungen leitet. Heute,
wo auf diesem Gebiete Alles in neuem Werden begriffen ist, tauchen
Varianten und Eigenthütnlichkeiten vieler Orten auf, aber sowie sie sich
bewähren, sind sie auch sofort das gemeinsame Eigenthum aller Cultur-
staaten. Wer als Fabrikant, als Kaufmann heute Gutes schafft, denkt
nicht an seinen Ort und seine Provinz, sondern an den Weltmarkt, und
so kann auch ein grosser Staat, der auf der Höhe der Civilisation steht,
mit seiner Industrie nicht allein an den heimischen Verbrauch denken. So
sehr wir uns denselben heute durch Schutzzölle zu sichern trachten, so
sehr würden wir sicherlich irren, wollten wir arbeiten für uns, ohne an
die Welt zu denken.
ln dern Sinne also, wie man in Deutschland die Renaissance für die
eigene Kunstindustrie begehrt, befindet man sich auf gefährlichem Wege.
Man ruft den alten Streit der Kunststyle, den wir glücklich beseitigt
glaubten, wieder hervor, aber das ist das Wenigste; man wird vielmehr
gänzlich seines Zieles verfehlen. Die Renaissance ist gewiss für die Re-
form der modernen Kunstindustrie von äusserstem Werthe, aber sie ist
es nicht allein. auf welche man die Augen zu richten hat, und am we-
nigsten ist es die deutsche Renaissance. Diese letztere ausschliesslich auf
den Schild erheben, mit ihr einen neuen nationalen Styl schaffen wollen,
das ist ein verhängnissvoller lrrthum. (W. Abdp.)
Ele Wort zur Förderung der llolzlnduelrie llll oberen Biihnervulde.
Jedermann ist bekannt, welche schwere Heimsuchungen in den vergangenen zehn
Jahren über den Böhmerwald hereingebrochen sind. Stürme von unerhbrter Heftigkeit
und ein diesen folgender Borkenkäferfrass, der tZast ohne Beispiel in der Geschichte des_
Waldes dasteht, haben die schönen Forste jenes Gebirges gelichtet und Tausende von
Jochen geschlossener Bestände vernichtet, darunter auch gar manchen Gemeindewald
(z. B. den van Aussergeüld). Für die Bewohner des oberen Bühmerwaldes, für die eigent-
lichen Walddörfer, ist aber der Wald selbst von jeher die Hauptnahrungs- und Erwerbs-
quelle gewesen. Die meisten Familienvater waren und sind noch jetzt Waldarbeiter, Holz-
hauer und Flüsser, und ist es seit Menschengedenken Sitte gewesen. dass der Sohn in
die Fusstapfen des Vaters trat und von Kindesbeinen an dessen Handwerk kenne; lernte
und in dem Grade, als er heranwuchs, dasselbe sich aneignete. Diese -Holzhauhrbevöl-
kerung-i des oberen Böhmerwaldes ist eine zwar arme und rohe. aber durchaus brave
und unverdorbene, nebenbei bemerkt ein kerniger Volksstamm von urdeutschemlWesen.
charakterislrt durch Genügsamkeit. Ehrlichkeit, Fleiss und Ausdauer in der Arbeit Die
Eingangs erwähnten Cnlnmitäten haben ihr aber schwere Wunden geschlagen, Weil der