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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 156)

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Verdienst -aus dem Walde: nach nunmehr längst beendeter Aufarbeitung der Windbruch- 
und Käferfrassholzer aufgehört hat. Denn es dürften mehrere Jahre vergehen, ehe in den 
Gegenden, wo die grossartigsten Verwüstungen durch jene Elementarereignisse stattge- 
funden haben, ein geregelter Holzabtrieb wieder Platz greifen wird. Eine solche Gegend 
ist diejenige des Kirchdorfes Stubenbach im Bezirke von Schüttenhofen, ein ansehn- 
liches, aber vom Verkehr sehr abgeschnittenes Walddorf, dessen Bewohner bisher fast 
ausschliesslich von Waldarbeit und nebenbei von Viehzucht (denn der Getreidebau ist 
dort der hohen Lage und des rauben Klimas wegen nur unbedeutend) gelebt haben. ln 
Folge der erwähnten Calamitaten ist jetzt ein grosser Theil der Bewohner jenes Dorfes 
erwerbslos. Wohl sind Stimmen laut geworden, welche rathen, es mögen jene Böhmer- 
waldbewohnet andere Erwerbszweige, als Waldarbeit und Holzhauergeschaft, suchen. 
Das ist leicht gesagt. aber schwer gethan. Der Hinterwaldler hängt dort wie anderwarts 
mit grosser Zähigkeit an dem gewohnten Beruf, und mit warmer Liebe an der Scholle. 
auf der er geboren. Er ist deshalb ebensowenig geneigt zum Auswandern, als zur Erler- 
nung eines Handwerks, welches mit dem Walde nichts zu thun hat. Dagegen hat er 
Geschick und Neigung zu Allem . was mit der Benutzung und Verarbeitung der Wald- 
erzeugnisse, in erster Reihe des Holzes zusammenhängt. Seit Menschengedenken ist der 
arme Bewohner des oberen Bnhmerwaldes gewohnt gewesen, sich selbst sein Hausgerath 
zu zimmern, seine Schlitten zu bauen, Holzschuhe, Träge, Wannen, Schaufeln, Siebreifen, 
Dachschindeln, LotTel u. s. w. zu schnitzen. ln richtiger Würdigung dieser Thatsache 
hat der fürstlich Schwarzenbergsche Oberförster in Stubenbach, Herr Lenke, schon vor 
Jahr und Tag Bedacht darauf genommen, unter den Bewohnern jenes Dorfes die Holz- 
schnitzerei , wie solche in Ober-Ammergau, Berchtesgaden und anderen Orten der 
Alpen betrieben wird, allmalig einzuführen und einzubürgern, ermuthigt durch die schönen 
Erfolge, welche die seit einigen Jahren zu Wallern bestehende Holzindustriefachschule 
erzielt hat. Dort werden bereits Schnitzereien geliefert (insbesondere Bilder und Spiegel- 
rahmen), welche sich mit gleichartigen Erzeugnissen der genannten Alpenorte vollkommen 
messen können. Aus freiem Antrieb ertheilt der Herr Oberforster Lenke einer Anzahl 
Knaben von 13 bis 16 Jahren Unterricht im Zeichnen; auch bat derselbe schon einige 
Personen so weit gebracht, dass sie ganz annehmbare Schnitzwerke liefern Allein es fehlt 
an Unterstützung, vor Allem an Geldmitteln zur Anschaffung der erforderlichen Werk- 
zeuge, Muster, Zeichenvorlagen u. dgl. m. Ein paar Hundert Gulden, schreibt mir der 
Oberforster, wurden dazu genügen, aber bisher ist es nicht möglich gewesen, eine solche 
Subvention zu erlangen. Ausserdem müsste Absatz der von den bereits eingeubten Arbei- 
tern gelieferten Schnitzwaaren geschafft, der Verkauf derselben ermöglicht oder erleich- 
tert werden. Es wäre daher sehr zu wünschen. dass Personen von Einiluss und Vermö- 
gen diesen aufkeimenden lndrustriezweig in jenem abgelegenen Winkel des Bohmerwaldes 
fördernd in die Hand nehmen, oder dass der Landesculturrath des Königreiches Böhmen 
diese Angelegenheit seiner Beachtung für werth erachte, und durch (Bewahrung einer 
Subvention und Ermöglichung einer permanenten Ausstellung von Stubenbacher Schnitz- 
waaren. etwa in Eisenstein oder in Klattau. jener braven Bevolkerung Gelegenheit dar- 
bote, sich in dem Holzschnitzgewerbe zu vervollkommnen und ihre Erzeugnisse bekannt 
machen und verwerthen zu können. Das warme Interesse, welches mir während meines 
wiederholten Aufenthaltes im Böhmerwalde dessen genugsame, ehrliche und fleissige 
Holzhauerbevolkerung, die jetzt ohne ihr Verschulden in bittere Noth gerathen, eingeflösst 
hat, ist die Veranlassung dieser Zeilen. Mögen dieselben bei den massgebenden Persön- 
lichkeiten und Behörden eine wohlwollende Beachtung finden! 
(Boh.) Dr. Moritz Willkomm. 
Litoraturhericht. 
i-Wiener Schmiedewerke des XVlll. Jahrhunderts". Dresden, Verlag von 
George Gilbers, 1878. 
Die Herren Dr. Albert llg und Dr. Heinrich Käbdebo haben unter obigem Titel 
mit einer Publication begonnen. die gewiss von Freunden der Kunstindustrle mit Beifall 
begrüsst werden wird. Sollte man auch die Formen dieser Schmiede-Arbeiten nicht nach- 
ahmenswerth linden, so wird neben dem historischen Interesse der Fachmann noch immer 
von dem technischen bedeutend gefesselt werden. Die erste Lieferung enthält sechs Tafeln: 
I. Haupteingang des k. k. Belvederes von Süden; z. Gitter der Johannesuapelle am 
Donaucanal; 3. Balcon im Hofe des Rathhauses; 4. Eingang zum Pamdiesgarten im k. k. 
Belvedere; 5. Seiteneingang des Meidlinger Thores in Schönbrunn; 6. Oberlichtgitter am 
Gebäude des Ministeriums des lnnern. - Die erläuternden historischen Notizen sind von 
lobenswerther Kürze und Sachlichkeit,
	        
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