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der Verhältnisse bereits Schulen ins Leben gerufen worden sind: also
die Holzschnitzerei, Spitzen-, Stickerei- und Marmorarbeiten, dann die
Glasmalerei und das Mosaik und ganz zuletzt die Bearbeitung edler und
unedler Metalle und zum Theile auch die Keramik.
Aus dem Gebiete der Holzschnitzerei drängt sich sogleich die Grö-
dener Industrie allenthalben im Lande Tirol vor; leider, und es wäre
doch wahrlich vom Standpunkte der Erziehung des Volkes zum guten
Geschmack besser, das Licht des Tages hätte den grössten Theil jener
Erzeugnisse gar nie beschienen. Es ist geradezu unbegreiflich, wie
Herr Vogel neben einem vortrefflichen kleinen Crucifix so abscheu-
lich verwachsene Engel einsenden konnte, deren Breite über die Brust
etwa die Hälfte ihrer Körperlänge beträgt, daneben jammervolle Heiligen-
statuen und Christuskörper iiin feiner Oelfassungu und plattgedrückte,
wie in Blech getriebene Reliefgestalten von Kirchenvätern. Haben denn
Herr Vogel und Consorten, die sich doch alle Bildhauer nennen, über-
haupt jemals etwas von Anatomie gehört? Dabei scheinen sie auch die
Ausstellung zu sehr als Markt angesehen zu haben, was dieselbe doch
als die erste in Tirol gar nicht sein sollte; darauf deutet die grossartige
Verschiedenheit in den ausgestellten Objecten aus Rücksicht auf Besucher,
eventuell Käufer von der verschiedensten Geschmacksbildung. Die That-
sache, dass neben einem geschnitzten Bilde um etwa 200 Gulden das ganz
gleiche Sujet um 40 H. käufiich war, natürlich in entsprechend schlech-
terer Ausführung, sollte wohl gar noch die Solidität der betreffenden
Firma vor Augen führen? Von Josef Rifesser ragt eine Madonna weit
über die schläfrigen, süsslichen oder krüppelhaften Gestalten der andern
hervor, mit denen sie aber an einem allen gemeinsamen Fehler krankt.
Alle die Grödner Figuren sind wohl colorirt, aber überall bekundet
sich die Scheu, satte Farben anzuwenden, und durch die angebrachten
matten gebrochenen Farbentöne wird oben die Kraftlosigkeit der meisten
Gestalten noch erhöht. Möchten sich doch die Herren einmal offenen
Auges die geschnitzten und bemalten Altäre betrachten, die sie in ihrem
Heimatlande noch so vielfach sehen können. Einige Stühle von Leopold
Moroder, deren Lehnen in flachem bemalten Relief Kurzbauefsche Bilder
und Kaulbach's Haideröslein zeigten, wurden schleunigst von einem Eng-
länder gekauft. Gegen dieses Umsetzen der Bilder heimischer Künstler,
wie neuestens Deffreggefs wLetztes Aufgebot K und nl-leimkehr der
Siegers u. s. w. in geschnitzte Gruppen sollte das gebildete Publicum,
unbeschadet des Localpatriotismus, denn doch endlich Einsprache er-
hebenfEs ist eine wahre Verschwendung manueller Geschicklichkeit, wie
solche etwa Nocker sozusagen im Dienste Unterbergefs ausübt; die land-
schaftlichen Hintergründe von 18-20 Ctm. Tiefe, coulissenartig aus drei
Stücken gearbeitet, sprechen allen Gesetzen des guten Reliefs Hohn und
gehen weit ab von dem immerhin guten Anfange, welchen Jos. Hell um
1826 als der erste Bildschnitzer in dieser Richtung machte. Es ist doch