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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 159)

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sie überwunden werden, und desto früher wird man die Heilmittel finden 
für die Gebrechen der Schule und der gewerblichen Gesellschaft. 
Auch verdienen die gewerblichen Zustände in Frankreich und in Eng- 
land viel mehr Beachtung als ihnen zu Theil wird, und in England ist die 
günstige Entwicklung des Gewerbestandes wesentlich dem Umstande zuzu- 
schreiben, dass dort die Unterrichtsfreiheit wirklich existirt und die Wehr- 
Verfassung derart ist, dass eine geschulte Arbeitskraft auch dauernd dem 
G_ewerbe erhalten werden kann. Doch die englischen Arbeitszustände sind 
so verschieden von den continentalen, dass nur in sehr bescheidenem Masse 
davon eine Nutzanwendung bei uns gemacht werden könnte. Die deutschen 
Zustände sind für uns vielleicht am wenigsten massgebend, denn dort 
machen sich dieselben Schäden bemerkbar, wie in Oesterreich. Die 
geschultesten und intelligentesten Arbeitskräfte für alle Arten der Gewerbe 
liefert auf dem Continente ohne alle Frage Frankreich, trotz eines relativ 
wenig entwickelten Volksschullebens. Der professionelle Unterricht concen- 
trirt alle seine Kräfte auf den Fachunterricht. Man würde sich aber irren, 
wenn man glauben würde, dass in Frankreich der gewerbliche Unterricht 
ausschliesslich von Staatswegen gefördert wird. Sehr viel, was für den 
gewerblichen Unterricht geschieht, geht von Seite der Commune, der Indu- 
striellen und Freunde des professionellen Unterrichtes aus. Und auch in 
Oesterreich könnte zur Hebung der gewerblichen Arbeitsschule in der 
Volks- und Bürgerschule immerhin viel geschehen, wenn die betreffenden 
Kreise selbst an der Creirung und Hebung dieser Schulen thätig mitwirkten. 
Was vom Staate in dieser Richtung geschehen kann, beschränkt sich wesent- 
lich darauf, dass in der Schulgesetzgebung für derartige Bedürfnisse Raum 
geschaffen, dass bei der Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt auf diese 
Bedürfnisse Rücksicht genommen wird und dass diese Schulen einer 
gehörigen fachmännischen lnspection, die gegenwärtig vollständig fehlt, 
unterzogen werden, und dass endlich für Vorlagenwerke und Vorbilder hin- 
länglich gesorgt wird. Wir freuen uns, zu vernehmen, dass in Troppau, 
Freiberg, Brünn, Kuttenberg und andern Orten in grösserem oder ge- 
ringerem Umfange Schulwerkstätten bestehen. Nach  55 des Organi- 
sations-Statuts der Lehrer- und Lehrerinnenbildungs-Anstalten vom 26. 
Mai 1874 wkann nämlich mit Genehmigung der Landesschulbehörde bei 
jeder dieser Anstalten nach Thunlichkeit auch eine Werkstätte für Papp-, 
Holz-, Thon- und andere Arbeiten von Lehrmitteln eingerichtet und ein 
entsprechender Unterricht in Formenarbeiten eingeführt werden-r, der Unter- 
richt wird von Gewerbsleuten geleitet, die hoffentlich selbst in ihrer Arbeit 
geschickt sind. Die weitere Entwicklung dieser Arbeitsschulen muss jenen 
städtischen oder sonstigen Localbehörden überwiesen werden , welche 
gewiss das nächste Interesse haben, dass die Kinder des Ortes für das 
Gewerbe, welches dort blüht, erzogen werden. Und es scheint, dass gegen- 
wärtig die Bevölkerung dieser Bewegung der Arbeitsschulen mit Wohlwollen
	        
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