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obligatorisch ist und nicht für alle Volks- und Bürgerschulen gilt; dass
dieser Unterricht eingeführt wird mit Berücksichtigung der localen,
gewerblichen Verhältnisse und nach Massgabe der vorhandenen taug-
lichen Lehrkräfte und mit genügenden Lehrmitteln;
z. dass, wo schon gegenwärtig gewerbliche Fachschulen existiren, dort
eine angemessene und directe Verbindung zwischen der Volksschule
und der Fachschule hergestellt werde. Es dürfte dies um so leichter
zu erreichen sein, als die Fachlehrer von selbst die Personen sein
werden, die den elementaren Theil des gewerblichen Unterrichtes in
der Volksschule selbst zu leiten oder zu überwachen haben.
Man kann mit Zuversicht darauf rechnen, dass dieser gewerbliche
Elementarunterricht, der zugleich ein Theil des gewerblichen Fachunter-
richtes sein wird, sich der Sympathie der Lehrer und des Gewerbestandes
erfreuen wird; insbesondere letzterem wird es wünschenswerth erscheinen,
geschultere Kräfte als bisher, für die Werkstätten und Ateliers zu erhalten.
Da ja auch zu Gunsten des Bauernstandes Massnahrnen getroffen worden
sind, welche es möglich machen, die Volksschule mit der Ackerbauschule
direct in Verbindung zu bringen, so wird sich gewiss auch der Weg linden,
die Volksschule mit der kunstgewerblichen Fachschule und einer gewerb-
lichen Arbeitsschule in eine innige und harmonische Verbindung zu bringen.
Im Juli 1873. R. v. Eitelberger.
Literaturhericht.
Emilie Bach: vMuster stilvoller Handarbeiten für Schule und Hausn-
Wien 1878. Verlag von R. v. Waldheim.
Soeben ist von Frau Emilie Bach, Directorin der höheren Fachschule für Kunst-
stickerei, ein Buch erschienen, welches ganz geeignet ist, sich in Schule und Haus einzu-
bürgern. Dasselbe enthält in 111 kl. Folioseiten eine Reihe von Mustern stilvoller
Handarbeiten, ausgehend von einfacheren Techniken zu complicirteren und schwierigeren.
Die dargebotenen Muster sind durchwegs entsprechend; der Werth der Publication liegt
wesentlich darin, dass die Techniken in der genannten Schule bereits erprobt und mit
voller Deutlichkeit beschrieben sind. Es werden sich Lehrerinnen und Stickerinnen damit
viel leichter zurecht finden, als dies in der Regel der Fall ist.
Die Ausstattung des Buches macht der Verlagshandlung alle Ehre; sie ist nicht
luxuriös zu nennen, doch ganz zweckmassig und stilvoll. Das Buch wird gewiss eine
Reihe von Publicationen verdrängen, die gegenwärtig in Schulen aus Mangel von besseren
im Gebrauche sind. Wir empfehlen daher insbesondere den Schulen fur weibliche Ar-
beitenfdas Buch der Frau Emilia Bach.
Dumreicher, Alfred Freiherr von: wUeber den französischen National-
wohlstand als Werk der Erziehungm Wien 187g, Alfr. Hölder. 8.
Auf den Ausstellungen in München, Amsterdam und neuestens in Paris hat die
österreichische Industrie, speciell das Kunstgewerbe, unbestritten Erfolge errungen, welche
selbst hochgespannte Hoffnungen übertrafen. Ebenso offenkundig ist gleichwohl die miss-
liche Lage der meisten Industriellen und in die Bewunderung der französischen Industrie
mischt sich bei den betbeiligten Kreisen auch eine Regung von Neid bei Beachtung des
ausserordentlichen Aufschwungs und des Wohlstandes, zu dern sich die französische Ge-
sellschaft von den furchtbaren Schlägen der Jahre 1870171 so erstaunlich schnell erholt
hat. Aus einer hoheren Begabung und Betriebsamkeit der Franzosen allein lässt sich
dies nicht erklären, so wenig als bei uns die leidige Krisis allein an allem noch dauernden