Zll
männisches und industrielles Geschick, als die Deutschtiroler. Allerdings
ist der Trientiner Marmor vorzugsweise nur für architektonische Zwecke
brauchbar und nicht in gleichem Masse witterungsbeständig als anderer
Tiroler Marmor.
Unter den Trientiner Marrnorarten verdient der gelbe eine besondere
Beachtung; er ist ein reizendes Material für Decorationsarbeiten, wie man
es am Cafe Grabhofer in Innsbruck sehen kann. Der weisse und der
rothe Trientiner Marmor bewährt sich nicht überall gleich. Der Schaft
der Annasäule in Innsbruck musste ausgewechselt werden. Ob der rothe
Stein am Margarethen-Brunnen sich bewähren wird, muss man der Zu-
kunft überlassen. Der Gramsacher Marmor bei Brixlegg ist nicht im
Handel. Der weisse Marmor in Laas und Schlanders hat vollkommenere
Qualitäten für statuarischen Marmor, wie der Sterzinger. Ihnen muss
daher die grösste Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es ist Lebensfrage
für die Bildhauerei und die Marmortechnik in ganz Oesterreich, dass dieser
Marmor in der statuarischen Plastik weit mehr verwendet werde, als es
der Fall ist. Wahrlich in den Zeiten der Kaiserin Maria Theresia hatte
man vollständig Recht, die Figuren im Schönbrunner Schlossgarten aus
Tiroler Marmor herstellen zu lassen. Die Mehrkosten, die dadurch verur-
sacht wurden, dass man sie nicht aus Medolin- oder Mokritzerstein oder
aus einer ähnlichen Steingattung anfertigen liess, sind reichlich dadurch
aufgewogen, dass jetzt, nach mehr als hundert Jahren, die Figuren im
Schönbrunner Park noch schön und wohlerhalten dastehen. Jeder Kunst-
freund, der mit aufmerksamem Auge die Marmorstatuen betrachtet, die
trefflich erhaltene Nymphe am Schönbrunnen u. s. f., staunt über die
gute Erhaltung der Figuren, die Wetterbeständigkeit des Marmors und die
Kunstfertigkeit der Marmorbildhauer jener Zeit, die nicht blos zu model-
lieren, sondern auch den Meissel zu führen verstunden. Auch die schönen
Marmorbrüche, die zu Zeiten Maria Theresia's in Westgalizien im Gange
waren, sind verfallen. Es verdient in der That, dass man der Ausbeute
des Tiroler Marmors eine grössere Aufmerksamkeit zuwende und dass
man mit den Mitteln nicht spare, um denselben künstlerisch und indu-
striell zu verwerthen. Auch die Marmorindustrie Carrara's ist nicht schnell
entstanden. Denn wer nur einigermassen in der Geschichte blättert, wird
gefunden haben (das Buch von Prof. Magenta: L'industria dei marmi
Apuani, Firenze 187i, behandelt dies Thema), dass sehr viel Capital von
Staatswegen verwendet wurde, um die dortige Marmorindustrie zu heben
und heutigen Tags hat sich dieselbe den Weltmarkt erobert. Nie wird
der Tiroler Marmor zu diesem Ruf gelangen, wenn die Mittel nicht ge-
boten werden, die nöthig sind, um die Brüche im Gange zu erhalten, die
Verkehrswege zu verbessern und alles das zu fördern, was die Export-
fähigkeit des Tiroler Marmors heben kann.
Ein ebenso wichtiges Material für künstlerische Bearbeitung bildet
der Holzreichthum des Landes. Der Tiroler ist ein geborener Holz-