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dingtes sein kann, denn ndiese Artu der Reliefbildung ist eine durchwegs
malerische und manirirte. Thorwaldsen, ein Meister in der Behandlung
von Reliefs, der seinen Triumphzug Alexander des Grnssen nach dem
Vorbilde des panathenäiscben Festzuges im Parthenon gearbeitet hat und
aus dessen Händen kein manierirtes Reliefwerk hervorgegangen ist, konnte
nicht daran denken, dass diese Reliefs als Vorbilder behandelt werden.
Die technische Behandlung des Reliefs ist bei Colin gerade das Gegen-
theil dessen, was die Griechen und ihr hervorragendster Nachahmer,
Thorwaldsen, im Relief geleistet haben. Allerdings frappiren diese Inns-
brucker Reliefs mit ihren erhabenen Figuren und ihren malerischen De-
tails sowie durch die eminente Geschicklichkeit, mit der sie ausgeführt
sind, und erfreuen in gewisser Beziehung auch den ernsten Kunstfreund
und Künstler. Ohne Zweifel haben sich die Tiroler Holzschnitzer, welche
bisher keine andere Gelegenheit hatten ihren Geschmack zu läutern, diese
malerische, halb barocke Behandlung zum Vorbild genommen und schnitzen
,heutigen Tags - selbstverständlich ohne Rücksichtnahme auf das künst-
lerische Eigenthum - jedwedes Gemälde, welches reich an Figuren ist,
nach, und je schwieriger esist, desto lieber machen sie es, und glauben
weiss Gott was für ein Kunstwerk gemacht zu haben. Colin war aber
ein Künstler im eigentlichen Sinne des Wortes, ein eriindender Geist,
der eben in einer Verfallszeit gelebt und trotzdem durch seine Leistungen
sich über das Mittelmass weit erhoben hat. Die jetzt lebenden Bild-
schnitzer in Tirol sind Copisten, die, so virtuos sie auch ihren Gegen-
stand behandeln, von den Stilgesetzen beim Relief, ja IhCllWBiSC auch
von der Behandlung des Holzes nach Flächen, keine klare und deutliche
Vorstellung haben und deren Erf-indungsgabe eine sehr geringe ist. Auch
scheinen die Kunstbücher aus der Zeit ') und der Schule Albrecht Dürer's
den Tirolern fast gänzlich unbekannt zu sein, obgleich in denselben eine
Reihe von illustrirten Abhandlungen enthalten ist, welche die Behandlung
des Holzes in der Fläche zum Gegenstande haben und genaue Abbil-
dungen dies im Detail versinnlichen. Bisher hat es in Tirol keine Schule
gegeben, welche in diese Verhältnisse ordnend eingegriffen hätte und
welche die jungen Bildschnitzer in den Elementen "der plastischen Kunst
hätte unterrichten können. Jetzt allerdings ist es anders, insbesondere
seit der Zeit, da in Innsbruck die allgemeine Zeichen- und Modellirschule
gegründet wurde. Es ist gewiss bezeichnend, dass für die von Professor
Fuss geleitete Modellirschule kein Modellirholz und kein Modellirthon in
Innsbruck zu haben war. Es ist auch sonst in Innsbruck wenig Gelegen-
heit vorhanden, sich über die plastische Kunst zu orientiren. Das Museum
der Gypsabgüsse an der dortigen Universität verfolgt die Zwecke des ar-
') Siehe insbesondere Erhard Sch0n's wUnterweysung der Proportion und flellung
der Bnffen u. s. w.- vom Jahre 1543, und Albr. Dürer's nVier Bücher von menschlicher
Proportion- vom Jahre 1528. Fol. u. s. w.
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