lassen und ihnen Gelegenheit zu geben zu eigenen Versuchen mit dem
Materials der Fabrik und mit der Decoration ihrer Erzeugnisse. Sehr
nachdrücklich wurde betont, dass die Aufgaben der Porcellan-Manufactur
als einer Musteranstalt nicht auf die Anfertigung von Porcellan zu
beschränken, sondern, unter Einbeziehung anderer Porcellanmassen für
bestimmte Zwecke, auf das ganze Gebiet der Kunsttöpferei, zunächst aber
auf die Anfertigung echter Majoliken und Faiencen auszudehnen seien.
Ferner sei eine Commission von Künstlern und Kunstverständigen zu einer
eingehenden Kritik der gegenwärtigen Erzeugnisse der Manufactur zu ver-
anlassen und eine ständige Commission zu bilden, um mit ihrem Rathe
die Direction künftig in allen die künstlerische Wirksamkeit des Instituts
berührenden Fragen zu unterstützen. Ausserdem wurde die Frage der
Verbindung einer Unterrichtsanstalt mit der Manufactur zur Ausbildung
tüchtiger Maler und Modelleure als eine sehr wichtige bezeichnet. Infolge
dieser Vorschläge ist bereits ein bedeutender Credit in das Budget ein-
gestellt worden. Eine chemisch-technische Versuchsanstalt, ähnlich der
des Oesterr. Museums in Wien, befindet sich bereits an der Manufactur,
so dass alle Aussicht ist, dieses grosse Institut zu einem Centrum frucht-
barer Bestrebungen zu machen. Wie sehr ist dem gegenüber die ver-
kehrte Auffassung zu beklagen, die seinerzeit in Oesterreich Regierung
und Parlament so irregeleitet hat, dass man die kaiserliche Por-
cellanfabrik in Wien aufheben zu sollen glaubte! Nun, wo sich die
Anschauungen geklärt haben, könnte eine solche Staatsrnanufactur bei
richtiger Leitung eine belebende Wirksamkeit auf die österreichische In-
dustrie üben, die kaum in anderer Weise zu ersetzen ist. Als charakte-
ristisch erscheint es, dass von den in den letzten Jahren in Oesterreich
entwickelten Kunstgewerben gerade die keramischen mit wenigen Aus-
nahmen eine besonders langsame Entwicklung zeigen. Da thut kräftige
Nachhilfe noth, - leider hat man sich aber vor Jahren der wirksamsten
Mittel selbst beraubt!
Ausser der keramischen Central-Bildungsanstalt zu Berlin hat die
preussische Regierung übrigens auch noch in der Provinz für eine auf-
blühende locale Industrie eine keramische Fachschule errichtet. Die-
selbe soll der Steinzeug-Fabrication in den Ortschaften Grenzhausen
und Höhr im Kreise Montabaur dienen, welche sich neuestens darauf
verlegt hat, die hochgeschätzten Arbeiten des sechzehnten und siebzehnten
Jahrhunderts zu imitiren.
Aus allem bisher Mitgetheilten geht hervor, dass die Vorbereitung
auf eine grössere Action in Preussen eine sehr lange und gründliche war,
und dass die einschlägigen Fragen mit allem Bedacht in Sachverständigen-
Conferenzen und Ministerial-Commissionen wie durch Veranstaltung von
Schulausstellungen und lnspection einzelner Lehranstalten erwogen wur-
den. Unter solchen vorbereitenden Massregeln nahm eine der wichtigsten
Stellen ein die Bereisung der grossen europäischen Industrieländer durch