Frage des Staatswohles anerkannt ist, bleibt kein Raum für private Eitel-
keitsfragen, Cotnpetenztifteleien und Ressortstreitigkeiten. Daher wurde
vor Allem die Einheit einer so wichtigen Action zum Fundamentalgesetz
gemacht. Denn sie erscheint um so nothwendiger, je mehr innere Schwie-
rigkeiten ohnedies im Wesen der Sache liegen, und je weniger daher noch
das äusserliche Hinderniss einer Zersplitterung in den organisirenden Be-
hörden selbst geduldet werden darf.
Früher hatte in Preussen das Handelsministerium gewisse künst-
lerische und gewerbliche Bildungsanstalten verwaltet, andere wieder das
Unterrichtsministerium. Liess man nun diese Theilung in der administra-
tiven Oberleitung fortbestehen, während man daranging, eine grosse, or-
ganisatorische Arbeit zu unternehmen, so lief man Gefahr, zwei unzu-
sammenhängende Gruppen, ja vielleicht zwei widerspruchsvolle Systeme
von Bildungseinrichtungen neben einander auszugestalten und durch all-
mäliges SchaHen einer Menge von Thatsachen von zwei Seiten her viel
gute Kraft zu vergeuden und einen chaotischen Zustand herbeizuführen,
der später selbst von einer einheitlichen Administration kaum wieder in
Ordnung zu bringen sein würde.
Darnach möchte man es für selbstverständlich halten, dass zu aller-
erst die Frage gelöst werden musste, im Schosse welcher Behörde die
bevorstehende organisatorische Arbeit einheitlich zu concentriren sei, und
es möchte darum auch ein so selbstverständliches Vorgehen der preus-
sischen Regierung keines besonderen Lobes werth scheinen. Damit einem
aber dies Vorgehen so selbstverständlich vorkäme, müsste man wenig ver-
traut sein mit den Zuständen in einigen anderen Ländern, woselbst das
ausschlaggebende Gewicht solcher logischer Folgerungen nicht immer so
selbstverständlich im öffentlichen Leben ist, wie diese logischen Folge-
rungen selber es sein mögen. Es muss daher immerhin als gutes Zeichen
für den Geist preussischer Verwaltung angesehen werden, dass man es als
erste Forderung consequenter Organisationsarbeit anerkannte, vor dem
Beginn der Action die Ressortfrage zu entscheiden.
Bei derartigen Entscheidungen können Rücksichten zweierlei Art
leitend sein: entweder man theilt die organisatorische Arbeit demjenigen
Administrativorgan zu, in welchem sich gerade für diese Agenden eine
besonders befähigte Persönlichkeit befindet, oder man überträgt sie dem-
jenigen Ressort, welches bereits die natürlich verwandten Verwaltungs-
gebiete in sich schliesst. Die erstere Methode sorgt auf die bequemste
Weise für den Moment vor. Dielzweite schafft eine Staatseinrichtung.
Sie löst die Frage, während die erstere Methode, sachlich unrichtig, ein
Auskunftsmittel zu Ehren eines mehr oder minder würdigen Sterblichen ist.
Welches Administrativorgan hat man nun in Preussen dazu auser-
sehen, in seinem Schosse alle Agenden zu vereinigen, welche sich auf
künstlerische, technische und gewerbliche Bildung beziehen? Am wenigsten
Umstände hätte es wohl gemacht, Alles im Handelsministerium zu ver-