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wie dieses Siklät. Es ist, nach gewöhnlicher Annahme, die Bezeichnung
für einen golddurchwirkten Seidenstotf, dessen Manufacturen im Mittel-
alter über die ganze bekannte Welt zerstreut waren. Im Mittelhoch-
deutschen hiess er siglät, sigeldt, sigilät, sigilöt, ciclät und qyclät; in den
Schriften des romanischen Sprachgebietes siglaron, syglaton, ciglaton,
ciclaton, ciclatun, singlaton, cisclato, cisclaton, sisclaton; nach englischer
Schreibung qyclatowne, ciclatoun, chekelatoun; flämisch cinglatoen u. s. w.
Die Poesien und prosaischen Schriften fast aller Nationen Europe's sind
voll der Erinnerung an diesen Stoff.
Auch der islämitische Orient kannte ihn, hat jedoch mit den Namen,
die er ihm gegeben, eine heillose Verwirrung angerichtet. Da ist vor
Allem siklät, daneben mit Veränderung der Vocale die lexikographische
Form sikillät, sodann siklätün, davon das Nomen relativum siklätüniji,
und mit Versetzung eines Alef prostheticum iskalätün 1). Die Perser spre-
chen dagegen den Namen saklätün aus, dern gegenüber die beiden ersten
Formen bei ihnen sakalät und sakallät lauten.
Die arabischen und persischen Lexikographen wissen mit siltlat
und siklätßn nichts anzufangen. So heisst es z. B. in dem grossen ara-
bischen Wörterbuch Tädsch el-'arus, tom. V. p. 156 von siklätün:
vEs ist dies eine Stadt in Rum, von welcher die siklatünischen Stoffe
herstammen, und diese Stotfe werden selber auch siklätün genannt: ').
Diese Etymologie ist falsch. Wenn auch der irn Jahre 504. d. H.
(_: Uran) verstorbene Abu-l-I-lasan ibn Ahmed die Nisbe ßes-siklätünijju,
d. h. der Siklätünische, geführt hat, so beweist dies noch gar nichts für
seine Herkunft aus einer Stadt wSiklätün-r; denn dieselbe Nisbe kann wohl
auch auf den Erzeuger, Käufer und Verkäufer von SiklätOn-Stoßen gehen,
wie dies z. B. genau der Fall ist mit der Nisbe ed-dibädschijf von dibädsch,
Brokat "'), welch" letzterer Stotfname selbst metaphorisch sogar die Schön-
heit des Menschen bezeichnet 4); oder wie eI-chiltfijj von ehili (Ehren-
kleider) die Nisbe desjenigen sein kann, der Ehrenkleider verkauft ').
') Bei dem maurischen Schriftsteller el-Makkari, ed. Dozy etc., l, p. m2.
') Ich bemerke, dass die Araber unter Rum entweder byzantinisch-griechisches
Land oder den muhammedanischen Besitz Kleinasiens verstehen. Oben das Erstere.
') lbn ul-Kaisarini, Homonyma etc., ed. de Jung, p. 57. - Sojüthi, Lubb
el-lubäb, ed. Veth, 1, p. no.
') Ibn ul-Kaisaräni, l. c.; Zarnakhschari, Les colliers d'or, par Barbier de
Meynard, x876, p. 33; lbn el-Athir, Chronicon ed. Tornberg, tem. XI, p. 5; Tärich
ibn el-Wardi, Ausgabe von Buläk, ll, _p. 69 f'.; El-Fachri, ed. Ahlwardt, p. 193,
sagt von einem Menschen sehr schöner Gestalt: i-er wurde ed-dibtidsch el-asfnr (gelber
Brokat) genannt wegen seiner Schönheit und Vollkommenheit: Ztschr. der D. M. G.
IX, p. 378.
') lm Lubb el-lubab, l, p. 90 ohne Beispiel. lbn Challikln ed. Wnstenfeld
Nr. 455; Darniri, Kitlb hajät el-haiwin (Handschr. der Wiener Hofbibl. Cod. 1442,
fcl. 128 rev.).
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