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Einen überaus glänzenden Beleg liefert uns hiefür der Bau der präch-
tigen, zur Residenz des Ilchäniden Öldschäitü Chän (reg. 1304-1316)
erhobenen Stadt Sultänije, d. i. der Kaiserlichen. Aus den Berichten der
zeitgenössischen Schriftsteller erfahren wir, welche gewaltigen Mittel ent-
faltet wurden, damit sich der Lieblingsaufenthalt des Sultäns in kürzester
Frist (1305-1313) zu einer der schönsten und volkreichsten Städte Asiens,
zu einer Metropole für Kunst und Wissenschaft gestalte. Der berühmte
WezIr und Geschichtschreiber Raschid ed-din baute allein einen herrlichen
Staclttheil mit ungefähr tausend Häusern m), und aus allen Weltgegenden
wurden Künstler und Handwerker herangezogen, um sich da niederzu-
lassen und die rasche Vollendung des großartigen Werkes zu fördern m).
Nehmen wir ein anderes, dem Gegenstand unserer Besprechung
minder entrücktes Beispiel. Als der Chalife el-Mu'tasim billäh im Jahre
221 d. H. z 836 n. Chr. sich entschloss, die alte unznfriedene Residenz
am Tigris zu verlassen und Särnarrä etwa drei Tagreisen nördlich von
Bagdad neu zu gründen, wurden zu diesem Zwecke zahllose Feldmesser
und Baumeister berufen; zugleich verpflanzte man dorthin aus vielen
Städten des Reichs Künstler und Gewerbsleute mit ihren Familien, welche
dieser Stadt der Paläste alsbald zu einem märchenhaften Aufschwungs
verhalfen. Der sehr alte Ja'kübi (er schrieb, wie benierkt, sein Buch im
Jahre 891) erinnert hiebei ausdrücklich an diese Colonisation m): Aegypten
musste die Kräfte für die Papierfabrikation und andere Gewerbeartikel
liefern, aus Bassora kamen die Arbeiter für Glas- und Thonwaaren und
die Flechter der bekannten Binsenmatten (hüsur), Küfa sandte seine Chazz-
Weber und Parfümeure m) etc. Wenn man schließlich weiß, welche für
m) Raschid ed-din, Histfdes Mogols, ed. Quatremere, l, p. XIV.
m) Täri chi Wassäf (vollendet Dec. 1311 oder Jan. 1312), pers. Handschr. der
k. k. Hofbibl. in Wien, Cod. 95g, lV. Bd., Fol. zgoa.
m) Kitäb el-buldän, p. a9.
'33) Das unpunktirte Wort der Handschrift, welches der Herausgeber A. W. T.
Juynholl mit Fragezeichen chirak, Pl. von chirlra (grober Mantel der Beduinen, Fakire
und Süfi) liest, möchte ich in chlqüf, Pl. von chnn, emendiren: die Fabrikation eben
dieses Stoffes machte Küfa nach dem Zeugnisse des Mul-taddasi l. c. p. 128 berühmt,
und das Kitüb el-muwaschscha, l. c. lI, Fol. 122a nennt gleichfalls die eI-chuzüz
el-küfijje d. h. die küfischen Chazz-Stoße. Bei Ibn Haukal, l. c. p. 175, Zeile 12 findet
sich übrigens dieselbe Pluralverbindung mit dem Verbum Uimiln. - Das darauf ful-
gende Wort adhdn könnte man vielleicht als Plur. von dnhn nGemaldew nehmen wollen
(s. ldrisi, ed. Dozy et de Goeje p. 302), so dass also Bildermaler aus Kßfa ver-
schrieben worden wären: thatsichlich genoss die iräkanische Malerschule einen hervor-
ragenden Ruf und im Chalifen-Palaste el-Muchtär zu Sämarra befanden sich wirklich,
nach dem Zeugnisse Jaküfs, viele merkwürdige Wandgemälde (s. Mu'dschem el-
buldan, IV, p. 440 und meine Schrift nUeber das angebliche Bilderverbot des lslämy
in i-Kunst und Gewerbes, Nürnberg, 1876, p. 29g, 307); aber hier ist unzweifelhaft nach
dem Sing. duhn, Salbül, Parfüm zu übersetzen, denn lbn Haukal p. 213 hebt gerade
die Veilchen-Parfüms von Küfa als unerreicht hervor.
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