große, hübsche und blühende Stadt m) - und insofern solche Beob-
achtungen zugleich den Gradmesser für den gewerblichen Wohlstand
eines Gemeinwesens abgeben, möchte auch der darauf basirte Rückschluss
nicht zu gewagt erscheinen.
Von diesem Zeitpunkte ab herrscht jedoch in den Quellen ein voll-
ständiges Dunkel über die weiteren textilen Verhältnisse dieser Stadt;
doch glaube ich mit einiger Berechtigung die Mitte des XIV. Jahrhun-
derts als den Wendepunkt fixiren zu dürfen, durch welchen das Sinken
der Seidenindustrie Tuster's besiegelt wurde: denn als im Jahre 1393 die
Heerhaufen des Welteroberers Timür-leng, indem sie das Reich der Mu-
zaffariden niederwarfen, auch in Tuster einzogen, lwar diese ehemals so
reiche lndustriestätte, nachdem die Quelle des Wohlstandes versiegt war,
kein begehrenswerthes Object mehr: weder für die Plünderung, noch für
eine harte Contribution. -
So hat denn Tuster während seiner siebenhundertiährigen islämi-
tischen Glanzperiode auf dem Gebiete der Textilindustrie eine Bedeutung
gewonnen, die, wenn wir mit Bezug darauf die arabischen und persischen
Quellen dieser Epoche überschauen, mehr als in einer Hinsicht zur cultur-
historischen Betrachtung herausfordert '44).
Erinnern wir uns an das früher Gesagte, so zeigt es sich, dass die
industrielle Wichtigkeit der Stadt ganz und gar auf den von den säsä-
nidischen Persern übernommenen Webereien beruhte. Aus diesen gierigen
während der muhammedanischen Periode hauptsächlich Seide nmanufakte
hervor; allen voran die Dibädsch-Gewebe, dann Sammtstoffe, ausgezeich-
nete Turbanbinden, Vorhänge, Teppiche verschiedener Art u. s. w. '")-
Den Mittelpunkt dieser kunstgewerblichen Thätigkeit bildete aber eine
ärarische Stoffmanufaktur (Thirzig), an deren Spitze ein Vorsteher
(Sähib) stand '45). Dieser in ihren Erzeugnissen monopolisirten Fabrik
m) Kitäb rihll lbn ßatütarAusgabe Wädi en-Nil, l, p. x14.
m) Es sei ausdrücklich bemerkt, dass ich dem sich mir darbietenden Quellen-
mnteriale hier auch nicht entfernt im ganzen Umfange folgen kann. Zweck der gegen-
wartigen Zeilen ist: eine vorläufige übersichtliche Formulirung historischer Thatsachen,
ohne Phrasen.
m) lstachri, p. 92. v lbn Haukal, p. x75. - Mukaddasi, p. 409, 416. -
J äküt, Mu'dschem el-buldin, l, p. 849. - Kazwini, ll, p. x14.
m) lbn Haukal, l. c. Wenn dieser Geograph sagt, des Besitzrecht auf jene
Fabrik komme einem Jeden zu, welcher "lräk beherrsche, so spricht er hier
für seine Zeit olfenbar nur im Sinne der Buweihiden-Emire, welche dnmnls nicht nur
Chüzistän besaßen, sondern in Bagdäd auch die Obergewalt über die Chalifen sich an-
gernaßt hatten. Meines Erachtens irrt demnach E. Pariser, Histoire de la Soie, ll,
p. 18x, indem er eben den letzteren für lbn Haukgfs Zeit jenes Besitzthum vindicirL
Mit demselben hing nämlich aiich die Prärugativeder Namensnennung auf Klei-
dern und Stoffen zusammen (s. meine Merkmale etc. p. 304 f.), welche genau solch' ein
Attribut der Souverainetät war, wie das Münzregal: und dies letztere besaßen die Bu-
weihiden damals in Bagdiad. Der Chnlife hatte nur den leeren Titel eines Herrschers.