Um nichts verschieden war das Treiben des Modespiels in den
gesellschaftlichen Cirkeln der höheren Stände, wo man die kostbarsten
Erzeugnisse der textilen Kunst prahlsüchtig zur Schau trug. Als einmal
der buweihidische Wezir lbn 'Abbäd im Kreise von Geladenen einen
Turban mit breiter lnschriftenborte tusterischer Arbeit trug, und einer
der Gäste lange Blicke stummer Bewunderung auf dieselbe heftete, be-
merkte der Wezir mit feinem Wortspiel: nJa, ja, es ist das nicht in Tuster
gemacht, um verhüllt zu werdenu! Im) Und wahrhaftig! auch der durch
Luxus und Farbenpracht überreizte Sinn des Morgenländers mochte an
diesen, allüberall erfolgreich rivalisirenden, tusterischen Seidenfabrikaten
Gefallen finden. So wissen wir denn thatsächlich", dass die gesarnmte islä-
mitische Welt mit ihnen versorgt wurde: ganz vorzüglich aber mit dem
Dibädsch-Gewebem). Der Aufwand, welchen die muhammedanischen
Großen speciell darin trieben, war unglaublich. So ließ z. B. der Bar-
mekide el-Fadhl ihn Jahja (1- 808) nach der Erzählung Beihakfs, des
persischen Lebensbeschreibers des Ghaznewiden MasTid, einmal, von tausend
türkischen Pagen herbeigebracht, an Geschenken zweitausend Stücke Tuster-
Atlas, nebst andern werthvollen Stollen, wie Siklätün, türkischen Dibädsch
etc. vertheilen 1'"); oder, der ilchänidische Wezir Medschd el-Mulk (1- 1282)
befahl nach der Aussage WassäPs ein Zelt von demselben Atlasstolfe auf-
zurichten, so groß, dass es von 40 Säulen getragen werden musste u. s. w.
Die Gewandkammern bargen reiche Vorräthe tusterischer Prachtstoffe
zur beliebigen Auswahl, entsprechend dem Bedürfnisse der unterschied-
lichen Lebensformen. So forderte es fürstlicher Brauch. lbn Hamdün be-
richtet darüber Genaueres von dem abbäsidischen Chalifen el-Mu'tadhid
billäh 902) '53). Auch die Fatimiden in Aegypten folgten darin nach;
in den Zeltkammern (chazzün el-chaim) des chalifischen Palastes zu Kairo
lagen die mannigfachsten Arten fertiger Zelte aus kostbaren Geweben und
Corduan-Leder vorräthig aufgestapelt: darunter solche, zu deren Fütte-
rungen die mit den chinesischen zugleich aufgezählten tusterischen Seiden-
storfe benützt worden waren 15').
alter Zeit der verlockenden Ucbertragung einer Bekleidungsmode in die Moschee nicht
zu widerstehen vermochten, dafür linde ich im Kitlib el-aghäni, l. c. ll, p. 179 ein
köstliches Beispiel. 4
m) Ma 'umilet bi-Tusler Ii-Iuster! Das Wortspiel besteht in dem Doppelsinn von
Tuster: dem Nom. .propr. und dem Aor. des Zeilworls sdtura, bedecken, verhüllen.
Mu'dschem el-buldän, l, 84g. - lbn Abbäd wurde im I. 326 d. H. : 938 n. Chr.
geboren; 360 : 97x ward er Wezir des Buweihiden Muaijed ed-daula, welche Stelle er
nach dessen Tode, 373 -_- 983 , unter dem Nachfolger Fachr ed-daula weiter bekleidete.
lbn el-Athir, l. c. Vlll, p. 264, 454; IX, p. 19.
"') lbn Haukal, l. c, p. 175.
m) Tärichi Beihaki, Calcutta 1362, p. 516.
m) Masüidi, Murüdsch eds-dsühab, Buläker Ausg. ll, p. 36x.
m) Mnkrizi, Chitlt, l, 4x8.