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auf ein großes Hinderniss, -- es fehlt an Lehrmitteln. Sobald die Stroß-
mayefschen Kunstsammlungen nach Agram kommen, und vielleicht noch
vor dem, beabsichtigt der Kunstverein ein kleines Kunstgewerbemuseum
mit Fachbibliothek zu gründen, um all' den gewerblichen Schulen zu er-
möglichen, die ihnen nöthigen Mustervorlagen etc. herbeizuschalfen.
Das Kunstgewerbemuseum wird es sich besonders angelegen sein
lassen die nationale Hausindustrie zu pflegen und zu entwickeln. Wir
sagten diese sei im Niedergang begriffen, sie erliegt dem nivellirenden
Eindringen westlicher Cultur und den verschiedenen ungünstigen socialen
Reformen. Es würde uns von unserem Thema ablenken, wollten wir diese
Frage genauer erörtern, soviel ist sicher, dass; unsere Staatsmänner viel
zu wenig conservativ vergingen, als sie fremde unbewährte Schablonen
in unser Land brachten. Die Auflösung der bei uns seit Jahrhunderten
bestehenden Hauseomunionen hat der nationalen l-lausindustrie den Todes-
stoss versetzt. Was davon noch zu retten, was neu zu organisiren und
fruchtbar zu machen sein wird, das ist jetzt nicht zu bestimmen, das
will studiert und durchdacht sein. Soviel wir auf der ersten Agramer
Kunst- und Kunstgewerbeausstellung entnehmen konnten, hatte die türkische
Regierung in dieser Beziehung eine glücklichere Hand; nicht nur blüht
dort die nationale Hausindustrie, zwar unter orientalischem Einfluss, sondern
die Regierung frischte sie auf und regenerirte sie stellenweise. Vielleicht
trug zum glücklichen Erfolg gerade die primitive Art des Verfahrens viel
bei. Ohne großen Apparat wurde ein sehr geschickter Arbeiter aus dem
fernen Orient nach Sarajevo geschickt und dafür besoldet, dass er Lehr-
linge unterrichtete im WaEenschmiedhandwerl-r, während z. B. in Livno
die Silberarbeiter in ähnlicher Weise erzogen wurden. Ueber die Art
und Weise wie in Viäegrad verfahren wurde, fehlen uns vorläufig Nach-
richten, wir hatten aber auf der Ausstellung von dort meisterhafte
Silberfiligranarbeiten. Im nächsten Herbst veranstaltet der Agramer Kunst-
und Kunstgewerbeverein zur Eröffnung des oberwähnten Akademiepalais
eine zweite, hauptsächlich einheimische, Kunstgewerbeausstellung, auf
welcher man bestrebt sein wird, so vollständig als möglich ein Bild der
Hausindustrie in den altösterreichischen croatischen Ländern sowohl, als
in Bosnien und der Hercegowina zu liefern. Auf Grund dieser Ausstel-
lung, zu welcher schon jetzt Vorbereitungen getroffen werden, wird es
möglich sein Vieles genau kennen und beurtheilen zu lernen, Manches zu
unternehmen.
Agram, Jänner 1880. Prof. Dr. Kränjavi.