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gestreut, welchen wir in weiterer Ausführung später in seinem Stil wieder-
begegnen, wie seine Ideen in dem Kensington-Museum nach der künst-
lerischen und kunsttechnischen, in dem Krystallpalast nach der cultur-
historischen Seite hin verkörpert worden sind.
Wenn wir jetzt auf Sempers schöpferisches Wirken in jenen Jahren
zurückblicken, fragen wir wohl erstaunt, wie es möglich gewesen sei, dass
diesem Manne von keiner Seite die praktische Durchführung seiner Pläne
übertragen wurde. Aber auch wenn dies die Verhältnisse gestattet hätten,
würde er_wohl kaum als Director eines kunstgewerblichen Museums Be-
friedigung gefunden haben. Seine Lebensaufgabe blieb doch das Baueu,
und zur Architektur kehrte er zurück, nachdem er Anderen gezeigt hatte,
was zu geschehen habe, um das Kunstgefühl wieder lebendig zu machen.
Als Architekt aber blieb er in natürlicher Verbindung mit Handwerk
und Industrie. Wie er schon bei dem Theaterbau in Dresden Plastik und
Malerei in einem Umfange zur Mitwirkung herangezogen hatte, welcher
damals etwas ganz Ungewöhnliches war, so sorgte er selbstverständlich
auch, so weit ihm das verstattet wurde, für die wahrhaft künstlerische
innere Ausstattung seiner Monumentalbauten. Während seines Aufenthaltes
in England hat er auch mancherlei Entwürfe für die Industrie gemacht.
Leider scheint sich von solchen Arbeiten so viel wie nichts erhalten zu
haben, wahrscheinlich hat er die Zeichnungen den Bestellern abgeliefert,
ohne Copien zurückzubehalten; es könnte sogar nicht überraschen, wenn
die britischen Besteller dies zur Bedingung gemacht hätten. Ebenso geben
die Archive des Hofbauamtes in Dresden keine Auskunft über das, was
Semper an Einrichtungsstücken für das Theater entworfen hat; nur den
Spiegel im Foyer kannten wir aus der früher erwähnten Publication.
Indessen ist bei der Sichtung des höchst umfangreichen künstlerischen
Nachlasses durch die Hinterbliebenen (namentlich Herrn Manfred Semper,
den Erbauer des neuen Theaters in Dresden nach den Plänen seines Vaters)
mancherlei von kunstgewerblichen Entwürfen aus der Dresdener, der Lon-
doner und der Züricher Zeit zum Vorschein gekommen und anderes steht
wohl noch zu erwarten. Vieles mag in fremden Händen sein, da Semper
seine Mappen liberal öffnete, und es ist nur zu wünschen, dass etwaige
Besitzer sich im Interesse der geplanten Veröffentlichung seiner Arbeiten
melden möchten. So dürfen wir auch die Hoffnung auf Wiederentdeckung
der noch in Zürich gearbeiteten Entwürfe für den Hofmuseenbau, welche
augenblicklich nicht aufzufinden sind, nicht aufgeben. Publicirt sind ein
für die Königin Victoria gezeichnetes Schränkchen in Ebenholz mit Ein-
lagen von Porcellan und oxydirtem Silber (Gewerbehalle 1863), und der
gegenwärtig in der Paulskirche zu London aufbewahrte Prachtleichen-
wagen für den Herzog von Wellington (lll. Lond. News 1852).
Zwei Ereignisse, welche bestimmend in Sempers Leben eingegriffen
haben, sind auch für die Beziehungen, welche hier erörtert wurden, von der
höchsten Bedeutung geworden; nur erscheinen sie uns auf unserem ganz