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Auch hier hält sich Andrea della Robbia in dem bedeutenden
Altar: "die Krönung Mariau (in der Klosterkirche der
Osservanza bei Siena) bezüglich der äußeren Ausstattung noch
an das Majolika-Herkommen; er verziert die Seitenpilaster mit
buntem Blattwerk, stellt Blumenvasen in die Abtheilungen des
Gradino und zeichnet ein farbiges Blätterschema in den Fries. Das
Altarbild selbst ist sehr würdig und edel, aber mit viel Opulenz
im Detail, mit spielender Ornamentik in der Gewandung ange-
ordnet. Die schwebenden Engel zunächst der heiligen Scene spielen
Clarinette, und einer bläst Trompete; unten stehen vier Heilige,
wohl charakterisirt, neben ihnen eine ltniende Frau. Schmale
Wolkenstreifen sind hier und auch anderswo mit Vorliebe ange-
bracht; sie trennen horizontal sehr erwünscht den blauen Grund.
Der dreitheilige Gradino enthält in der Mitte eine schön componirte
Himmelfahrt Mariä, links die Verkündigung, rechts die Krippe.
Gar bald wird nun die Kleinarchitektnr des Altarwerkes vollständig
in glasirte Terracotta übertragen. Die Pilaster des Rahmens erhalten reich
verzierte Basen und Capitäle im Marmorstil, die Architrave unter dem
Engelfries werden mit detaillirten Gliederungen von Perlenstäben und
Blätter-Kymatien ausgestattet. Die Schaftornamente der Pilaster sind in
ihren feineren Motiven völlig rnarmorartig, wenn nicht ein- und das
andermal Heiligengestalten- wie es sonst bei gemalten Altarwerken vorkam
-in die Pilasterschäfte eintreten. Der den Kleinbau des Altars bekrönende
Lunettenbogen bekommt, ebenso wie das Gesims über dem Fries, eine
durchgeführte architektonische Profilirung. Ein segnender Christus mit
anbetenden Engeln als Kniestückliguren oder schwebende Engel, die eine
Krone halten etc., füllen das Bogenfeld. Das Altarbild selbst trägt ge-
wöhnlich bei großer Zartheit der Einzelnbildungen eine gedrängte Fülle
der Anordnung zur Schau. Die Mandorla-Glorie bleibt wegen ihrer ge-
schlossenen Form bei den häufigen Darstellungen der Himmelfahrt Mariä
oder des Wunders der Gürtelspende in fortgesetztem Gebrauche; sie
bietet für die Hauptfigur einen auszeichnenden Bildrahmen im Bilde
selbst dar. Musicirende Engel, symmetrisch gruppirt, umschweben die
Glorie; zumeist sind es Clarinetten- und Hoboenbläser. Die adorirenden
Heiligen sind reichlich mit Attributen versehen; in schmückendem Bei-
werk, in Blumenzierden u. dgl. m. kann man sich nicht leicht genug
thun; auch die verschwenderisch verwendeten Engelsköpfchen, auf das
zierlichste vierfach bis sechsfach geflügelt, gehören mit zum ornamentalen
Apparate. - Dies ist durchschnittlich der Altartypus, wie er sich in dem
späteren Kunstgebrauche des Meisters Andrea durchgebildet zu haben
scheint, um sich dann weiter hinaus in der Werkstatt zu vererben.
Giovanni della Robbia, Fra Ambrogio und die Kunstgenossen der dritten
Generation werden mit Vorliebe diese architektonische Species des Altar-
werkes gepflegt haben, um aber dann wieder - bestimmten Anregungen