MAK
Nr. 8 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 75 
her, das in freier Nachbildung von Kompositionen 
Donatellos Maria mit dem neugierig sich umblickenden 
Kinde beschäftigt zeigt (an der rechten Fensterwand). 
Mittelitalien hat außerdem mehrere halbornamentale 
Bildwerke beigesteuert (an der linken Fensterwand 
rechts sowie an der Hauptwand rechts unten). 
Zur Hochrenaissance führen zwei als Gegenbilder 
gedachte kleine Marmortafeln hinüber, die unter dem 
Mädchenbildnis des Civitali angebracht sind und 
etwa dem zweiten Jahrzehnt des sechzehnten Jahr 
hunderts angehören. Ein römischer Meister hat hier 
zwei antike mythologische Genrestücke nachgebildet, 
Amor, im Nachen angelnd, und einen Triton, der, 
auf einem Delphin reitend, in eine gekrümmte Trom 
pete stößt. Dazu kommen mehrere oberitalienische 
Bildwerke. An der Schwelle des Cinquecento steht ein 
Marmorrelief eines Lombarden,- wahrscheinlich des 
Christoforo Solari (an der linken Fensterwand zu 
unterst in der Mitte). Die in Halbfigur und voller 
Frontansicht dargestellte, in die Zeittracht gekleidete 
und frisierte Gottesmutter hält hier, von einem Engel 
unterstützt, das vor ihr auf einer Brüstung sitzende 
Kind, während sich rechts der kleine Johannesknabe 
zum Fortgehen anschickt. Man erblickt ihn im Hinter 
gründe, der als landschaftliche Ferne und Wolken 
himmel ganz malerisch behandelt ist, nochmals in 
optischer Verkleinerung, wie er, von seinen zurück 
bleibenden Eltern gefolgt, in die Wüste hinauszieht. 
Berührt sich diese Komposition mit der mailändischen 
Malerei, so verrät ein reizvoller Rahmenfries mit 
Cherubköpfen (Marmor) des sogenannten Meisters 
von S. Trovaso (an der Hauptwand links unten) 
sogar noch den Nachklang der Paduaner Schule Dona 
tellos. Eine vortreffliche lombardische Arbeit ist das 
(rechts in Mittelhöhe hängende) Profilbildnis einer 
älteren Frau von scharfen Zügen (Marmor), wohl um 
1500 von Antonio della Porta (genannt Tamagnini) 
ausgeführt. Der venezianischen Schule des frühen 
Cinquecento ist die einzige größere Marmorstatue der 
Sammlung zuzurechnen, die dreiviertellebensgroße 
Gestalt eines anbetenden Engels. Als Urheber kommt 
am ehesten Tullio Lombardi in Betracht (vor der 
linken Fensterwand). Die Reihe der größeren Bild 
werke schließt endlich ein sehr wirkungsvolles Flach 
relief eines venezianischen Meisters (vielleicht des 
Ger. Campagna) aus der zweiten Hälfte des sechzehnten 
Jahrhunderts, das den toten Christus in sitzender 
Stellung mit überhängendem Haupt im Profil nach 
rechts wiedergibt. Seine auf kräftige Schattenwirkung 
berechnete Marmorbehandlung steht unter dem un 
verkennbaren Einfluß der gleichzeitigen Malerei eines 
Tintoretto. 
Die Hauptbedeutung der neuerworbenen Sammlung 
liegt aber vielleicht in den rund dreißig Bronzen, 
um die durch sie die Bestände des Kaiser Friedrich- 
Museums vermehrt werden. Von diesen mögen daher 
die schönsten Stücke noch in Kürze hervorgehoben 
werden. Vor der Fensterwand zur Linken ist die 
viertellebensgroße Statuette des Paulus von Antonio 
Lombardi auf einem schönen Marmorkandelaber frei 
aufgestellt, daneben links ein großes Rundrelief 
(Rohguß) des hl. Antonius (Halbfigur) von einem 
Paduaner Meister befestigt. Die Mehrzahl der kleineren 
Bronzen entfällt auf Venedig und ist in der gegenüber- 
stehenden Vitrine vereinigt. Das prächtige Mittelstück 
gibt hier der auf einem Delphin kniende Jüngling ab, 
der in seiner breit entfalteten Bewegung an ein früher 
Raffael zugeschriebenes Marmorwerk erinnert (um 1570). 
Daß man in Venedig an Darstellungen der niederen 
Seegötter besonderes Gefallen fand, bezeugen noch 
mehrere andere, ungefähr gleichzeitige Arbeiten, vor 
allem eine auf dem Bordbrett über der Vitrine auf 
gestellte, die den Triton in das Muschelhorn blasend 
darstellt. Die Art des Paduaners Rico io (um 1500) 
vertritt die Statuette eines kculenbewehrten Kentauren, 
zu dem ein schreitender Stier das Gegenstück bildet. 
Die hinteren Ecken der Vitrine nehmen zwei Nach 
bildungen der Antike ein, ein stehender jugendlicher 
Herkules, von einem Nachfolger des Florentiners 
Bcrtoldo, und ein sitzender, von einem jüngeren ober 
italienischen Meister. In der Mitte der Rückwand ist 
ein kleines Madonnenrelief, eine Komposition des 
Jac. Sansovino, angebracht. Die launige Statuette 
des jugendlichen Bacchus, der, auf dem Rande eines- 
Bottichs sitzend, eine Traube auspreßt, entstammt 
dem Umkreis des italienisierten Niederländers Giovanni 
da Bologna (1529 -1608), wie auch zwei größere 
Figuren der Astronomie und der kauernden Venus 
auf dem Bordbrett, während die klassizistische Statuette 
des Apostels Jacobus (zu äußerst links) der Art 
des Pietro Francavilla, (1548—-1615) sehr nahe 
kommt. 
Ein Nürnberger Elfenbein-Bildhauer. 
Aus Nürnberg wird der „Frankfurter Zeitung“ geschrieben: 
F.in altes Kunstgewerbe, die Elfenbein-Bildhauerei, 
wird zurzeit bei uns zu neuem Leben nach jahrhundertlanger 
Stagnation erweckt. Seit der romanischen Periode unseres 
Kunsthandwerks hat die sonst nur in Japan betriebene 
Elfenbein-Technik nur in der handwerksmäßigen Schnitzerei 
ihr Dasein gefristet, die in einer wenig materialgerechten 
Behandlungsweise nichts Besseres wußte, als Gebrauchs 
gegenstände nach künstlerischen Originalen mehr oder weniger 
plump zu kopieren. Jetzt hat es sich der hier lebende Bildhauer 
Emil Kellermann zur Aufgabe gemacht, dem edlen Material 
seine alte längst vergessene Stellung im künstlerischen Schaffen 
zurückzugeben. Er arbeitet als erster wieder nach dem lebenden 
Modell und hat vor allem den weiblichen Körper als vorzüglich 
geeignet befunden, um in der zarten Tönung, der schimmernden 
Transparenz des fein gemaserten, leuchtend glatten Elfen 
beins künstlerisch reproduziert zu werden. Enorme Schwierig 
keiten waren dabei zu überwinden schon wegen der äußeren, 
vom Willen des bildenden Künstlers unabhängigen Form des 
Rohstoffes, dessen Behandlung zudem noch durch dessen 
innere Sprödigkeit, die nur durch längere Praxis erkennbare 
Lagerung der weichen und harten Stellen sowie durch den 
den ganzen Zahn von unten bis oben durchziehenden „Kern“, 
den Zahnnerv erschwert wird. Die Dimensionen jedes Kunst 
werks aus Elfenbein sind an sehr eng gezogene Grenzen ge 
halten, vor allem sind in der Breiten- und Tiefen-Ausdehnung 
nur bescheidene Ausmaße möglich. Dann muß jede Figur der 
artig aus der Masse geschnitten werden, daß der Kern stets 
im Innern der Figur verläuft. Tritt er als schwarzer Streifen 
irgendwo sichtbar zu Tage, so ist der künstlerische Wert der 
Plastik wesentlich beeinträchtigt. Eine weitere Schwierigkeit 
bilden die durch Temperatureinflüsse hervorgerufenen Risse
	        
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