Prachtgefäße sind laut Inschrift eine Stiftung des Klosterneuburger Prä-
laten Andreas Mosmiller, datirt 1625. Durch Abschraubung eines Bestand-
theiles am Boden des Kelches zeigte sich nun die Inschrift:
HANS MELCHIOR SIBMACHER
R. K. MAY. HOFGOLT-ARBEITER
IN WIEN.
Von einer späteren Reparatur ist an dem Beilageblatt der Spindel-
schraube ferner die Jahreszahl 1767 abzuersehen.
Vergleicht man nun diese Objecte mit den Entwürfen für Gold-
schmiedearbeiten von Hans Sibmacher, welche 1590 zu Nürnberg heraus-
kamen (neu edirt von Dr. Otto von Schorn, Nürnberg 187g), so begegnet
man genau denselben Stiltypus, dieselbe Art der Raumausfüllung, die
feinen Blumen, Früchte, geflügelte Engelköpfchen, Schnörkel etc.; kurz,
es entsteht die Frage, ob der bekannte Herausgeber der Stickmusterbücher,
der Wappenbücher und anderer Vorlagen für das Kunstgewerbe in
Nürnberg ein und dieselbe Person ist mit dem Verfertiger der ausgezeich-
neten schönen Altargarnitur im Stifte Klosterneuburg? Hans Sibmacher
starb 161i am 23. März in Nürnberg, wo er auf dem Johannesfriedhofe
begraben wurde. Von irgend welchen Beziehungen zum kaiserlichen Hofe
und zu Wien ist aus dem allerdings Spärlichen, was wir von seinem Leben
wissen, nichts bekannt, auch haben wir keine Nachricht davon, dass er
die Goldschmiedetechnik praktisch geübt habe. Endlich nennt er sich in
allen seinen zahlreichen Publicationen immer nur Hans, nicht Hans Mel-
chior. Da nun Hans schon 1611 gestorben, der Kelch aber von 1625 datirt
ist, da der Stiltypns der Klosterneuburger Gefäße und des Goldschmiede-
blichleins 1590 vollkommen übereinstimmen, so müssen wir annehmen,
dass der kaiserliche Goldarbeiter Hans Melchior Sibmacher in Wien wohl
der Sohn und treue Nachahmer jenes Nürnberger Hans gewesen sein wird,
Ich hoffe, ihm in den Urkunden_des Hofes noch zu begegnen und werde
dann Näheres berichten. 11g,
Das Kunstgewerbe auf der Kaiser-Jubiläums-
Ausstellung zu Brünn.
Von A. Riegl.
Als wichtigste Thatsache verdient bei Besprechung dieser Aus-
stellung die Beobachtung vorangeschickt zu werden, dass uns daselbst
in der That ein einheimisch mährisches Kunstgewerbe in ganz anerkennensa
werthem Umfange entgegentrilt. Diese Vorbemerkung rechtfertigt sich
dadurch, dass in Folge der Nähe Wiens, der Wiege der kunstgewerblichen
Reform und des Mittelpunktes der modernen kunstgewerblichen Thätigkeit
in Oesterreich, und in Folge der dadurch bedingten Concurrenz dem
Aufkommen der einheimischen Kunstgewerbetreibenden um so größere