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Full text: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 136)

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arbeiteten und die k. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften eine selbst- 
ständige Stellung einnahrn. Diese Verhältnisse zu schildern, ist nicht un- 
sere Aufgabe; nur die Kunstbewegung in Prag wolle in Wenigem gekenn- 
zeichnet sein, um den Gegensatz zwischen Wien und Prag deutlich zu 
machen. Die Wiener Akademie befand sich in einer vollständigen Stagna- 
tion; den Curator der Akademie, den Fürsten Metternich, interessirte 
Alles mehr als diese Anstalt. Jedes selbstständige Geistesleben war ihm 
ziemlich gleichgiltig; die Universitäten waren zu Fachlehranstalten degra- 
dirt, zur Drillung von Pfarrern, Aerzten und Beamten. Unter schweren 
Geburtswehen trat die Akademie der Wissenschaften in Wien in's Leben; 
das Kirnstleben bewegte sich in Wien in bürgerlichen Kreisen. In Prag 
war es anders; eine Reihe von Mitgliedern des Adels, an die sich auch 
Vertreter des Bürgerstandes anschlossen, traten den Wiener Regierungs- 
Maximen auf dem Gebiete der Kunst entgegen, mit Massregeln, die auf 
einer ganz anderen Grundlage ruhten als auf der in Wien beliebten. An 
der Spitze dieser Bewegung stand Graf Erwein Nostitz-Rienek, der Prä- 
sident des Vereines der patriotischen Kunstfreunde, und der Graf Franz 
Thun, der unermüdlich thätige, kunstbegeisterte Geschäftsführer desselben 
Vereines. Ihm schlossen sich hervorragende Mitglieder des Bürgerstandes 
und des Adels, Prinz Rohan, Baron Ährenthal, Graf Schönborn u. A. m. an. 
Das war die Glanzperiode des modernen Kunstlebens in Prag. 
Die Leiter dieser Bewegung standen ihrer ganzen Bildung und ihren 
Tendenzen nach auf deutschem Boden, und standen mit den Leitern der 
deutschen Bewegung in den benachbarten Bundesstaaten, insbesondere mit 
den Künstlerkreisen von München, Dresden und Düsseldorf in der intim- 
sten Verbindung. Es wurde die Reorganisation der Akademie der bilden- 
den Künste, einer Schöpfung der Gesellschaft der patriotischen Kunstfreunde, 
durchgeführt und die Satuten des Vereines und des Ausstellungswesens 
auf neuer Grundlage geordnet. Zur Reorganisation der Akademie wurde 
ein Schüler von Cornelius, Christian Ruben aus München, berufen; mit 
ihm kam zugleich sein Schwager, der Landschaftsmaler Haushofer, und 
der bairische Architekt Grueber, welchem Böhmen seine erste Geschichte 
der. mittelalterlichen Baukunst verdankt. Der Kunstverein wurde in einer 
Weise organisirt, dass nebst den gewöhnlichen Ausstellungen und Preisen 
auch ein Fonds geschaffen wurde zur Herstellung monumentaler Werke, 
eine Neuerung, welche sich bis auf die Gegenwart vollständig bewährt hat, 
und welche den böhmischen Kunstverein sehr vortheihaft kennzeichnet 
gegenüber den anderen österreichischen Kunstvereinen. 
Mit diesem Monumentalfonds trat Prag dem Wienerischen Bevor- 
mundungssysteme in der directesten Weise entgegen, indem es Mittel 
schuf, das historische Element und die sogenannte monumentale Kunst 
in das moderne Leben einzuführen, jene Elemente, welche das Wiener 
Polizeisystem permanent perhorrescirte.
	        
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