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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 136)

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Das erste Denkmal auf plastischem Gebiete war der monumentale 
Franzensbrunnen am Moldau-Quai, entworfen von Kranner und ausgeführt 
von Jos. Max im Auftrage des Vereines. Der Erzguss wurde von Miller 
in München ausgeführt. Das Franzens-Denkmal wurde mit Unterstützung 
der Stände Böhmens geschaffen, reich ausgestattet mit allegorischen Ge- 
stalten der verschiedenen Kreise Böhmens. 
Ein zweites Denkmal, welches denselben Ideenkreisen entsprang, war 
das Monument Karl des IV., welches dem Dresdner Bildhauer Jul. Häh- 
nel übergeben und in Lauchhammer in Sachsen gegossen wurde. In den 
damals sehr leise auftretenden slavischen Oppositionskreisen sah man es 
nicht gerne, dass die böhmischen Adeligen sich an diesem Denkmale be- 
theiligten und dass ein deutscher Künstler zur Lösung der Aufgabe ge- 
wählt wurde; aber damals gingen die Interessen der Parteiführer des Adels 
Hand in Hand mit den Trägern der deutschen Kunst. Mit diesem Werke 
trat J. Hähnel zum ersten Male als Bildhauer in den österreichischen Län- 
dern auf, um später in Wien eine hervorragende Stelle einzunehmen. 
Später wurde auch das Radetzky-Monumenl. auf der Kleinseite mit Unter- 
stützung des Monumentalfonds geschaden, welcher dem Kunstvereine 
glücklicherweise zur Verfügung stand und noch heutigen Tages zur Ver- 
fügung steht. Die statuarische Arbeit führten, nach Ruberfs Zeichnungen, 
die Bildhauer Jos. und Em. Max aus; gegossen wurde es bei Burg- 
schmiedt in Nürnberg. Auf diese Weise trat die Plastik in Prag zu einer 
Zeit schon selbstbewusst auf, als in Wien Niemand höhere Zielpunkte die- 
sem Kunstzweige gesetzt hat und setzen durfte. Selbst auf dem Gebiete 
der Wissenschaft war damals in Wien kein besonders reges Leben zu ent- 
decken; war doch auf keiner Universität Oesterreichs eine selbstständige 
Lehrkanzel für Archäologie und Kunstgeschichte vorhanden. Die huma- 
nistischen Studien lagen darnieder. Die philosophische Facultät existirte nur 
dem Namen nach und nur als Vorstufe zu den Brodwissenschaften; es ist 
daher nicht zu verwundern, dass man auch an ein Museum der Gypsabgüsse 
gar nicht dachte. In der Akademie der bildenden Künste wurde die Samm- 
lung der Gypsabgüsse nur als ein Depöt für Lehrmittel angesehen. Diese 
Verhältnisse muss man im Auge behalten, wenn man die gegenwärtige 
Lage richtig und gerecht beurtheilen will. Dann wird es jedem Beobach- 
ter der gegenwärtigen Zustände klar, welchen kolossalen Fortschritt die 
Kunst und speciell die Plastik gemacht hat seit der Zeit, als Kaiser Franz 
Josef den Thron bestiegen hat. 
Es ist unzweifelhaft, dass während dieser 25 Jahre für die Plastik 
viel mehr geschehen ist, als seit der Gründung der Akademie unter Leo- 
pold I. bis zum Jahre 1848. Wien ist jetzt auf diesem Gebiete, wieauf 
dem der Architektur, allen deutschen Großstädten, München, Berlin und 
Dresden, theils ebenbürtig, theils voran. In München, wo die Kunsttradi- 
tionen König Ludwig I. preisgegeben wurden, tritt die monumentale 
Plastik ganz in den Hintergrund und wendet sich mehr der decorativen
	        
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