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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 136)

Die Marmorbriiche im Laaser Thale und die dortige Fach- 
schule für Marmorindustrie. 
(Auszug aus einem Berichte der Herren Oberbauralh Ritter v. Ferstel und Professor 
Zumbusch an den Artistischen Aufsichtsrath der vom k. k, Handelsministerium sub- 
ventionirten Fachschulen.) 
Die Fachschule in Laas hat die Aufgabe, tüchtige Hilfsarbeiter für die Ausführung 
von Marmorwerlten heranzubilden, also vorzüglich Punktirer und Bildhauer für ornamen- 
tale Arbeiten. Die Organisirung dieser Schule entspricht ganz diesem Zwecke. lhr Leiter, 
Herr J. Steinhauser, ist ein von Jugend auf in römischer Marmortechnik geschulter, 
tüchtiger Bildhauer, in dessen eigenstem Interesse es liegt, brauchbare Marmorarbeiter 
heranzuziehen. Das Punktiren wird nach der besten Methode gelehrt. Die Schüler haben 
zudem Gelegenheit, neben tüchtigen römischen Bildhauern zu arbeiten, welche für Herrn 
Steinhäuser Kolossalstatuen nach eingesandten Modellen in Marmor ausführen. Die Zahl 
dieser Schüler beträgt jetzt 13, von denen einige schon recht leistungsfähig sind. Einzelne 
punktiren recht geschickt, andere arbeiten architektonische Ornamente, aber auch die Ge- 
ringsten unter ihnen werden mit 50 kr. täglich entlohnt. 
Nachdem die Laaser Fachschule und ihre Entwicklung ausschliesslich durch die in 
Laas und Umgegend betriebene Marmorindustrie bedingt ist und mit Hebung der letztern 
sich die Schule gewissermassen von selbst ergibt, so dürfte sich das Augenmerk des 
hohen k. k. Handelsministeriums in erster Linie der gedachten Industrie zuwenden, welche 
nach allen vorhandenen Bedingungen wohl zu einem weit höheren Aufschwunge geeignet 
sein dürfte. Die Gebirge von Laas und Schlanders enthalten reichliches und vorzügliches 
Marmormaterial, das schon seit Jahrhunderten bekannt ist, ohne dass die Brüche ordent- 
lich ausgebeutet worden wären. Auf den Friedhöfen im Vintschgau - von Meran auf- 
wärts - findet man zahlreiche, bis in's I4. Jahrhundert zurückreichende Grabmonumente 
und Epitaphien; an der Kirche in Schlanders sind Portal und Thurmmasswerk, und an 
zahlreichen vornehmeren Häusern in dieser Gegend Madonnen und andere Reliefs sowie 
Wappen aus diesem Materiale. Aus dem heutigen Bestand dieser nach Jahrhunderten 
zahlenden Objecte lasst sich die vortreffliche Qualität und Wetterbestandigkeit beurtheilen. 
Nirgend finden sich Anzeichen von Verwitterung. Die fein behandelten Korpertheile an 
den Figuren sind vollkommen glatt und glanzend, an den Architekturtheilen kann man 
die Meisselschlage erkennen.' Dabei hat sich die Farbe hell-elfenbeinartig bis zu einem 
tiefen Gelb erhalten; beinahe nirgend sieht man die grauen und schwarzen Flecken, 
welche insbesondere beim Carrara-Marmor vorkommen. Nach seiner Structur und auch 
in seiner Dauerhaftigkeit und der durch die Zeit hervorgebrachten Patina erinnert das 
Materiale lebhaft an den griechischen Marmor, dem es auch jedenfalls viel naher steht, 
als dem von Carrara. 
Bei näherer Untersuchung des aus den verschiedenen Brüchen genommenen Ma- 
terials ergibt sich auch der Unterschied verschiedener Marmorsorten, trotz Gleichartig- 
keit des Grundstoifes. Es gibt Marmorsorten von zartcrem Korn und etwas geringerer 
Harte, die sich für feine Durchbildung von Körper- und Gewandtheilen vorzüglich eignen, 
obgleich sie nicht so weich wie der statuarische Marmor von Carrara sind; Sorten von 
gröberem Gefüge für mehr decorative Zwecke, und endlich Sorten. welche in niedrigen 
Schichten (Platten) brechen und für architektonische Zwecke wie geschsEen sind. 
Bei dem Urnstande, dass keiner dieser Brüche je regelmässig betrieben wurde, 
war eine Sonderung des Materials für die verschiedenartigen Zwecke nie möglich, son- 
dern es wurde für den jeweiligen Bedarf eben dasjenige Material, welches am leichtesten 
zu beschaffen war, genommen, und wegen Gewinnung grosserer Blocke wurden die
	        
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