kennen, und wurde mit den Uebungen anderer Meister, anderer Orte
vertraut, als es diejenigen waren, in denen er in der früheren Jugend auf-
gewachsen war. Er übte auch andere Techniken, andere Handgriffe als
die er früher zu sehen gewohnt war; seine technische Bildurg war auf
diesem Wege eine grössere geworden, als dies heutigen Tags bei den Ar-
beitern der Fall ist, insbesondere bei den Fabriksarbeitern, wo der Mensch
zur Maschine herabgedrückt ist, und sozusagen nur für die Zwecke der
Grossindustrie dressirt wird. Auf diesen Wanderschaften begegnen wir
nicht allein Handwerkern im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern auch
Künstlern, die ja damals vom Handwerker nicht so stark geschieden waren,
wie heutigen Tages.
(Schluss folgt.)
Die Vleihnachts-Auastellunu im Oesterr. Museum.
Von J. v. Falke.
ll.
Anerkannt ist heute die Nothlage der ganzen Bevölkerung, welche
sich mit der Spitzenfabrication abgibt, anerkannt aber auch die Unzu-
länglichkeit ihrer Arbeiten. Will man helfen, so muss man das Eine und
das Andere bedenken; will man die Lage heben, muss man zugleich die
Arbeit bessern; die Frage ist nur, wie es zu geschehen hat.
Man hört zwar die Meinung äussern, als ob die Spitze lediglich
eine Sache der Mode und damit ephemeren Lebens sei; dass sie, heute
gesucht und in Blüthe, vielleicht morgen vergessen und verworfen sei,
daher denn alle Bestrebungen für sie nach der Natur der Sache nur den
zweifelhaftesten Erfolg versprachen und früher oder später, wenn die
Mode umschlage, immer die Arbeitslosigkeit, die Noth am letzten Ende
stehe. Wir sind nicht dieser Ansicht und berufen uns auf die Geschichte.
Die Spitze als solche ist ein Kunstzweig und keine Mode. Allerdings
wechseln in ihr die Formen der Anwendung, der Styl der Decoration
und auch die Arten der Technik, nicht aber sie selbst. Seitdem sie der
Welt bekannt geworden ist, hat sie drei Jahrhunderte hindurch geblüht
und fort und fort ihr Reich erweitert, bis sie erst am Ende des vorigen
Jahrhunderts durch die französische Revolution einen argen Stoss erlitt,
den schon Napoleon l. nach wenigen Jahren wieder gutzumachen ver-
suchte. Einen schlimmeren aber hat ihr die Maschine versetzt, welche
das, was aristokratisch War, für alle Welt zu schaffen trachtete und das,
was künstlerisch war, zum Massenproducte der Industrie machte. Seitdem
hat sich die exclusive Welt von ihr abgewendet. Heute aber kehrt sie
wieder zu ihr zurück, das heisst zu der echten Spitze, zu dem aristo-
kratischen Producte, das Feinheit, Geschicklichkeit, Kunst, Zeit und
Geduld erfordert.