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haben, unseren besten Dank aussprechen, in erster Linie dem Unterrichts-
ministerium und dem Reichsrathe, ferner den höchsten Personen, die seit
jeher und in unveränderter Weise ihren mächtigen Schutz unserer Anstalt
haben angedeihen lassen. Wir müssen zugleich mit warmer Anerkennung
des Architekten gedenken, der es verstanden hat in so einfacher Fbrm die
italienische Renaissance zum Ausdruck zu bringen und der ohne irgend
einen grösseren decorativen Schmuck eine so hervorragend künstlerische
Wirkung erzielt hat. Denn es kann gar keinem Zweifel unterliegen, dass
das neue Gebäude der Kunstgewerbeschule des Museums eine Perle der
modernemArchitektur Wiens geworden ist. Dies ist der Eine Punkt, den
ich zum Gegenstande meiner heutigen Erörterungen zu machen mir er-
laubte, und ich schreite nun zur Besprechung einer anderen Frage.
ll.
Unter allen Fragen des öffentlichen Unterrichtes gibt es keine, welche
schwieriger zu behandeln ist, als jene, die sich auf den technischen
Unterricht bezieht, insbesondere auf den elementaren Theil desselben.
Die Schwierigkeiten liegen wesentlich darin,'dass es nicht blos eine rein pä-
dagogische Frage ist, welche beantwortet werden soll, sondern dass auch
die socialen Standpunkte in Erwägung gezogen werden müssen, welche einen
grossen Theil unserer Bevölkerung betreffen. Ein grosses polytechnisches In-
stitut oder eine grosse Gewerbeschule ist verhältnissmässig leicht herzustellen,
aber etwas zu schaden, was zur Förderung des weitverzweigten Gewerbe-
standes und den Bedürfnissen der Lehrlinge und Gesellen dient, ist eine
ausserordentlich schwierige Sache. Dieser Schwierigkeiten bin ich mir
vollkommen bewusst, indem ich mir erlaube auf einen ganz besonderen
Theil der gewerblichen Bildungsfrage einzugehen, und diese, ich möchte
sagen, nur versuchsweise zu behandeln in der Holfnung, dass die Anre-
gung, die dadurch gegeben wird, auch andere Persönlichkeiten zum Nach-
denken und zu Vorschlägen anrege. Die äussere Veranlassung, dieses
Thema zu behandeln, war die im vorigen Jahre und heuer von mir unter-
nommene Bereisung eines Theiles der österreichischen Monarchie, wobei
ich die Wahrnehmung gemacht habe, dass bei allen Anstrengungen, die
zur Hebung der allgemeinen Volksbildung geschehen sind, für die ele-
mentare gewerbliche und speciell technische Bildung ausserordentlich ge-
ringe Fortschritte zu verzeichnen sind, und dass bei den gegenwärtigen
Schulverhältnissen und socialen Zuständen vielleicht auch sehr wenig ge-
schehen kann. Die Zustände von Wien, überhaupt von den Großstädten,
sind in dieser Beziehung nicht massgebendf; man muss die kleineren Städte
gesehen haben, um die Hilflosigkeit des Arbeiter- und Gewerbestandes,
die Stagnation der gewerblichen Technik und die Isolirung einiger Fach-
schulen von den Gewerbetreibenden selbst beurtheilen zu können, und
man wird sich der Ueberzeugung nicht verschliessen, dass etwas geschehen
müsse, um den elementaren gewerblichen Unterricht in andere Bahnen zu