Dieselbe Beständigkeit zeigt aber auch die Kohle, viele Erdarten, Harze etc.
und in viel höherem Grade eine große Anzahl von Stoffen, selbst wenn
sie innig miteinander gemengt, aber geschützt sind vor den äußeren Ein-
Hüssen; sie sind dann chemisch unwirksam. Zu diesen gehören speciell
in der Malerei einige Farbstoffe, selbst Bindemittel und Malmittel. Diesem l
Umstande ist es hauptsächlich zuzuschreiben, dass in -den ägyptischen
Gräbern heute noch vollkommen gut erhaltene Malereien auf Holz und
Papyrus angetroffen werden, und älter als alle menschliche Kunst ist das
Bernstein-Harz, in welchem man zudem nicht selten unverändert erhal-
tene lnsecten und Pflanzentheile aufftndet.
Aus diesen Betrachtungen ergibt sich aber, dass man in der Malerei
die gegenseitig chemisch indilferentesten Stoffe zum Malen anwenden
müsse, und dass diese von den äußeren Einflüssen durch Abschluss nach
Außen zu schützen sind, dass ferner nur solche durchsichtige Stoffe zur
Isolirung nach Außen benützt werden dürfen, an denen eine auftretende
Veränderung leicht zurückgeführt werden könnte auf den ursprünglichen
Zustand des Stoffes, d. h. vollkommen zu restauriren wäre; es könnte
dann die Erhaltung der Gemälde auf unabsehbare Zeit hinaus als eine
gesicherte betrachtet werden. '
Die vollständige Lösung dieser Aufgabe ist jedoch der Chemie bisher
noch nicht gelungen, da sie sich zu wenig mit den Interessen der Malerei
beschäftigt hat. Diesen Anforderungen und Bedingungen gegenüber finden
wir gegenwärtig, gerade jetzt, wo die Fortschritte der exacten Wissen-
schaften eine früher nie erreichte Höhe erlangt haben, einen Zustand be-
klagenswerther Unsicherheit in der Auswahl und Handhabung des tech-
nischen Materials, und eine allzurasche Vergänglichkeit der entstandenen
Werke. Wir blicken mit Erstaunen auf die so wenig bekannte Ausführung
der alten Bilder, welche meistens bis auf unsere Zeit sich so vorzüglich
erhalten haben und beklagen die lückenhaften und spärlichen Ueber-
lieferungen. Unzweifelhaft ist es aber, dass die nachtheiligen Folgen in
dem technischen Vorgehen von da an beginnen, wo sich die Industrie
der Bereitung der Malrequisiten bemächtigt hat, und die hiedurch noth-
wendig gewordene Controle über die Zusammensetzung, Darstellung,
Verfälschung und das Verhalten der angewendeten Stoffe vom Maler
nicht mehr ausgeübt werden konnte. Wir sehen z. B. durch Tintorett
den Bolusgrund und den Asphalt angewendet, und finden seine Bilder
stark nachgedunkelt. Die Werke von L. Robert, welcher die Siccative und
Firnisse eingeführt hat, sind voll von Sprüngen und Rissen; ähnlich ver-
halten sich auch die Bilder von Lawrence, Reynolds, Füger u. s. w. und
mancher Künstler der neuesten Zeit. Die alten Maler bereiteten sich
nämlich auf Grund vielfacher Erfahrungen ihre Utensilien fast ausnahmslos
selbst, und die angehenden Künstler hatten, wie uns Cennino Cennini in
seiner Abhandlung über die Malerei anführt, fünf bis sechs Jahre vollauf
damit zu thun, um sich in der Darstellung und Anwendung derselben
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