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die berufenere Kräfte vor mir an dieser Stelle einer Besprechung ge-
würdigt haben.
Vom Stamme, vom Grundtypus der echten Fayence, des Steingutes
sahen wirAbzweigungen nach allen Richtungen: die größten Veränderungen
in der Glasur, die größten Differenzen in der Masse.
Ein gemeinsames Merkmal höchstens könnten wir allen den Fayencen
zusprechen und das ist: die erdige, nicht gesinterte Masse und, was im
großen Publicum die gleiche Benennung geschalfen, der färbige künstlerische
Schmuck; denn im Allgemeinen heißt doch nur - außer dem echten
Grundtypus - alles das Fayence, was färbigen Schrnelzdecor, Glasur-
decor zeigt.
Wenn unsere alten lackbemalten, böhmischen Siderolithgefäße --
diese keramischen Undinge - im Aussterbeetat sind, wenn unsere neueste
ölgestrichene Zinkblech-Luxuskeramik auch nicht auf die Beine kann, so
zeigt dies erfreulicherweise, dass das Talmizeitalter glücklich vorüber ist
richtiges Verständniss, solider, geläuterter Luxussinn Platz gegriffen hat.
Nun das erreicht, dürfen wir freudig auf dem betretenen Wege des
Fortschrittes weiter wandeln, und schauen wir nur fleißig hinüber zu
unseren großen Nachbarn, die uns in so vielen Industrien so weit voran
sind, das schadet nicht. Lassen wir immerhin unserer Bewunderung
fremder Errungenschaft freien Lauf; ein Abschließen und Sichselbstver-
himmeln hilft unserer Industrie nicht vorwärts, klare Einsicht, Muth,
Anderen gleich zu streben und Arbeit - das hilft.
Literaturharicht.
Wandmalereien des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden. Heraus-
gegeben von Ernst Aus'm Weerth. r879. GroB-Fol. Mit 55 Tafeln
Abbildungen in Farben- und Tondruck und zr Seiten Text.
Dieses große Werk, obwohl in selbstständiger Form erscheinend, bildet doch eine
Fortsetzung zu des Verfassers bekanntem Werke vKunstdenkmaler des christlichen Mittel-
alters in den Rheinlandenn. Ein wahres Prachtwerk von wissenschaftlichem Gehalte, ge-
diegen in der Ausführung, bedeutend nach seinem Inhalte. Es sind Wandgemälde vom
lz. bis zum 14 Jahrhundert, welche den Inhalt bilden, die einen formell noch ganz auf
antiken Traditionen stehend, die anderen losgelöst, frei im Geiste des fertigen christlichen
Mittelalters.
Die Reihe beginnen, als die ältesten, die Gemälde im Capitelsaale der ehemaligen
Benedictiner-Abtei Brauweiler, welche bereits m24 gegründet wurde. So alt sind nun
freilich die Malereien nicht. Der Capitelsaal wurde nicht lange vor der Mitte des zwölften
Jahrhunderts erbaut und der gleichen Zeit, unmittelbar nach Erbauung, gehören auch die
Wandgemälde an. Sie sind mit denen der Kirche auf I7 Tafeln dargestellt. Wenig junger
(früher hielt man sie selbst für älter) sind die Malereien der Kirche zu Schwarz-Rheindorf,
welche nun folgen. Sie wurde zwischen den Jahren 1x50 und 1160 ausgeführt. Sie be-
fanden sich zum Theil in einer unteren Grabkirche, sowie in der Oberkirche, und sind
in unserem Werke auf z! Tafeln wiedergegeben.
Die Gemälde zu Brauweiler und zu Schwarz-Rheindorf sind die Hauptwerlte der
Malerei in den Rheinlanden, soweit davon bisher aufgedeckt worden. Minder umfangreich
und minder bedeutend sind diejenigen zu Bergheim an der Sieg, welche bereits dem
Anfange des 14. Jahrhunderts angehören. Von größerem Werthe waren die Gemälde
der Deutschordenscapelle zu Ramersdorf, welche den Schluss des Werkes bilden. Sie waren
es, sagen wir, denn da die Capelle abgebrochen und nadx Bonn transferirt wurde, so sind