konnte auch die neue Kunstgewerbeschule dem künstlerischen Bedürfnisse
mit jungen Kräften Genüge leisten. Aber der Chef des Hauses Haas blieb an
der Spitze der Bewegung, was er wiederum auf der Ausstellung der öster-
reichischen Kunstindustrie in den neuen Räumen dieses unseres Museums
bei ihrer Eröffnung bewies. Die voll eingerichteten und decorirten Gemächer
auf derselben waren die ersten in ihrer Art. Heute folgt alle Welt.
Als die Wiener Weltausstellung des Jahres 1873 nahte, da kümmerte
er sich nicht allzuviel um die Commissionen und was in denselben vor-
ging und geredet wurde - es war seine Sache nicht - aber er war ent-
schlossen, der Welt zu zeigen, was eine österreichische Fabrik leisten könne.
Jede gute ldee, die von den Künstlern des Museums ausging, fand bei ihm
offenen Sinn und er lieh ihr die Ausführung, und so kam eine Ausstellung
seines Hauses zu Stande von geradezu überwältigender Wirkung. Nicht
blos, dass hier auf dem Concurrenzfelde im Prater kein anderes Land ihm
nur annähernd Aehnliches zur Seite stellte, keine der vorausgegangenen
Weltausstellungen hatte etwas Aehnliches gesehen.
Die Ausstellung der Firma Philipp Haas und Söhne glänzte durch
Größe, Schönheit, Vielseitigkeit und Neuheit. Vielseitig waren die Gegen-
stände, denn neben den verschiedenen Teppichen in orientalischer wie in
europäischer Art strahlte eine Fülle der kostbarsten Decorationsstoffe in
Wolle, Seide und Gold, für Wände, Möbel und Vorhänge. Neu waren
sie, denn die Muster waren zum großen Theile nicht ohne Kühnheit alten,
unbekannten und ungeübten, sowohl orientalischen wie europäischen, selbst
mittelalterlichen Motiven nachgebildet worden, ein Vorgang, der nur durch
die Sammlungen des Museums und durch die kaiserlichen Teppichschätze
im Depöt zu Schönbrunn ermöglicht worden. In der Nachbildung eines
alten persischen Goldteppiches war selbst eine schwierige Technik wieder
belebt, welche der Orient seit zwei Jahrhunderten vergessen und Europa
niemals versucht hat. Gänzlich neu in Art und Decoration waren ferner
die zwei Reihen von Zimmercotnpartimenten, welche die Ausstellung der
Firma Haas Hankirten. Hier waren nicht blos die Steife gezeigt, sondern
sofort schon ihre Verwendung in eben so glänzender wie künstlerischer
Weise.
Und hier darf ich auch wohl ein kurzes Wort sagen von der künst-
lerischen Art aller dieser Gegenstände und dem Umschwunge derselben,
der von dem Museum theoretisch ausging und von Eduard von Haas auf
seinem Gebiete praktisch in das Leben übertragen wurde. Bis dahin war
das Reich der Fußteppiche von überströmender Blumenmasse in brutaler
Farbenpracht und riesenhaft vergrößerten Naturformen erfüllt gewesen,
eine Ornamentationsvreise, welche die Engländer zu Gärten, Landschaften
und Wäldern übertrieben hatten; die Franzosen aber hatten die ganze
architektonische Stuccatur-Decoration des Plafoncls nachahmend auf den
Fußteppich übertragen und in die Zwischenfelder Blumenbouquets hinein-
gelegt. An die Stelle beider Arten ist nun heute ganz und gar die orien-