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dem Strafgesetzbuchs über Verbrechen 1787 und der verbesserten Strafproceßordnung
1788, endlich dem ersten Theile des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (1786) wurden
auch in Böhmen die bisherige Gerichtsordnung und die alten Stadtrechte formell beseitigt
und materiell in den wichtigsten Punkten ergänzt oder abgeändert. Für Sachen des Berg
baues waren am 10. Juli 1783 in Böhmen drei besondere Berggerichte, in Pribram,
Joachimsthal und Kuttenberg, eingesetzt worden.
Von ganz besonderer Bedeutung wurden auch für Böhmen Josefs Reformen auf
kirchlichem Gebiete. Mit der Erlassung des Toleranzpatentes gewannen nicht nur die Juden,
die namentlich in Prag seit Jahrhunderten einen durch Betriebsamkeit, Bildungseiser und
Besitz hervorragenden Theil der Bevölkerung bildeten, sondern auch die Reste der
Protestanten, die sich trotz aller Verfolgung im Lande erhalten hatten, die Möglichkeit,
sich öffentlich zu bethätigen. Die Juden, so lange Zeit geknechtet und noch vor kurzem
mit der Ausweisung aus dem Lande bedroht (1744), erfreuten sich auch sonst, namentlich
aus dem Gebiete des Schulwesens, vielfach der edelsinnigen Fürsorge des Kaisers, die auf
den fruchtbarsten Boden fiel. Sie erlangten 1781 das Recht, sich den höheren Studien
zu widmen, 1790 die Zulassung zu den akademischen Graden. Für die Protestanten
Augsburger und helvetischen Bekenntnisses, deren Zahl sich durch Zuwanderung aus dem
Reiche und die Einverleibung des Ascher Gebietes (1770 und 1771) rasch mehrte, wurden
zwei Superintendenturen in Böhmen geschaffen. Dagegen versagte der Kaiser den
Anhängern anderer Bekenntnisse consequent die Duldung. Als sich solche in den Kreisen
Ostböhmens vorfanden, ja neue Secten hervortraten („Israeliten", „Abrahamiten",
sonst „Deisten" genannt), wurde nach vergeblichen Versuchen, sie zum Anschluß an
benachbarte evangelische Gemeinden zu bringen, ihre Abführung nach Siebenbürgen
und die Anwendung strenger Strafen verfügt.
Die wichtigsten Änderungen betrafen aber auch in Böhmen die katholische Kirche
selbst. Seit 1777 hatte der Erzbischof von Prag seine Metropolitangewalt über das
Bisthum Olmütz eingebüßt, aber darnach einen neuen Suffragan in Böhmen, den Bischof
von Budweis erhalten. Im Jahre 1784 wurde dessen Diöcese im heutigen Umsang ein
gerichtet und wurden zugleich jene der Bischöfe von Leitmeritz und Königgrätz so vergrößert,
daß das Prager Bisthum nur noch im Westen bis an die Landesgrenze reichte, wo es
1787 wieder einen Zuwachs in dem damals vom Regensburger Sprengel abgetrennten
Egerlande erhielt. Auch die Kirchenfürsten Böhmens, unter denen sich Johann Leopold
von Hay, Bischof von Königgrätz, als eifriger Freund der neuen Einrichtungen bewährte,
während der Böhme Freiherr von Kressel, Präsident der neu errichteten geistlichen Hof
commission in Kirchensachen, geradezu des Kaisers rechte Hand war, sahen ihre Gewalt
beschränkt durch das neue Ehegesetz (16. Januar 1783), dann durch die Verfügungen Josefs