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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 195)

 
mögen nur Die zu schätzen, welche die ersten Jahre des Museums in jener 
unzulänglichen, provisorischen Stätte am Ballplatze mit uns erlebt haben. 
Heute steht das Oesterr. Museum in eigenen schönen Räumen, die 
sich breit und imponirend, an vornehmster Stätte, inmitten eines reichen 
Verkehres hinlagern. Heute - ich darf das wohl sagen - ist es eine Ans 
stalt, die durch ihren weiten Ruf festgegründet ist und der Freunde und 
Gönner viele und in allen Landen zählt. Vor I6, 17 Jahren war das anders. 
Es erging dem Museum, wie es jeder ldee ergeht, welche neu in das Leben 
gesetzt wird. Sie muss sich durch Widerspruch und Feindschaft hindurch 
die Anerkennung erringen. _ 
Damals, als die Idee des Museums zur Ausführung kam, einer An- 
stalt nämlich, bestimmt, die Kunstindustrie im Vaterlande zu fördern und 
zu heben, den Geschmack im Gewerbe wie im Publicum, bei Schaffenden 
und Consumirenden in gleicher Weise zu bessern und überall Sinn und 
Verständniss für das Schöne zu erwecken - damals gab es auf dem ganzen 
Continente kein Vorbild für eine solche Anstalt. England allerdings besaß 
bereits ein Institut dieser Art in seinem South-Kensington-Museum, das in 
voller Wirksamkeit stand; es hat ja auch die Anregung zu dem unserigen 
gegeben. Aber wie Wenige hatten es gesehen, und wie Wenige von Denen, 
die es gesehen, konnten sich Rechenschaft geben von seiner Thätigkeit 
oder waren sich klar geworden über die Ziele und Erfolge, Erfolge, die 
sich zu jener Zeit wohl gar noch bestreiten ließen! 
So konnte es kommen bei der völligen Neuheit der ldee und der 
Sache, so konnte es kommen und so kam es, dass, als unser Museum 
in's Leben trat, dasselbe bei Weitem mehr Anklang und Verständniss im 
intelligenten und gebildeten Publicum fand, als in dem Gewerbe selber, 
zu dessen Nutz und Frommen es ja doch gegründet war. Ja es begegnete 
nicht blos der Gleichgiltigkeit, sondern selbst entschiedenem Widerstreben. 
Und das hatte auch seine guten Gründe. 
Das Museum war beschlossen worden in der Voraussetzung des herr- 
sehenden schlechten Geschmackes und der Unzulänglichkeit der künstle- 
rischen Leistungen auf dem Gebiete der Industrie, und von dieser seiner 
eigenen Unzulänglichkeit war nun das Gewerbe selber keineswegs über- 
zeugt. Das Museum hatte also zur ersten Aufgabe, ihm diese Ueberzeugung 
beizubringen, dass dasjenige, was es schade, nicht gut sei, dass es anders 
und besser werden müsse. Gewiss eine höchst undankbare Aufgabe, denn 
wenn man auch endlich widerstrebend dem Gewichte der Gründe nachgibt, 
so lässt sich doch Niemand gern von der Schlechtigkeit seinerleigenen 
Leistungen überzeugen und ist selten dankbar gegen Denjenigen, der solche 
Aufgabe erfüllt. 
Indessen, es stand kein anderer Weg oEen, da nur aus der klaren 
Erkenntniss das Gute und Bessere kommen konnte. 
Das Museum predigte und lehrte, stellte in reichem Wechsel die 
schönsten Mustergegenstände, die besten und tadellosesten Werke alter
	        
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