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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 10)

 
gewöhnlichen Gebrauchsware, den Kannen verschiedener 
Art und Form, Flaschen, Urnen, Bechern, Näpfen bekannt, 
welche die Alexandriner aus dem „Glase des Pharao", dem 
aus ordinärem Wüstensand gewonnenen, stark bläulich- 
grünen, aber durchsichtigen Material erzeugten. Um die 
Zeit des Augustus kamen neben dem Gebrauchsgeschirr die 
kostbaren, gleich Gemmen bearbeiteten Überfanggläser, wie 
(ä die Portlandvase ins Land und mit ihnen die ersten alexan- 
ß-i drinischen Glasmacher, die ihre Werkstätten zwischen 
ä: Cumae und Liternum, zu des Tiberius Zeit in Rom selbst 
(ä aufschlugen. Ein bisher unbekanntes Material erschloß sich 
den Römern in seiner ganzen unvergleichlichen Vielseitig- 
keit. War es ein Wunder, daß sie diesen Proteus des Kunst- 
Anyjku-Glggbgchgy 3115 handwerks unter seinen verschiedenartigen Formen und 
Smämd- B""QP"'- Verkleidungen nicht immer erkannten? Mußte es ihnen 
Nauonalrnuseum . . . . 
nicht geradezu unbegreiflich vorkommen, daß die opaken, 
bunten Schmuckperlen, Armringe und Balsamarien, die herrlichen Über- 
fanggläser, die wie kostbare Edelsteine aussahen und wie diese bearbeitet 
wurden, dasselbe sein sollten, wie jene luftigen, körperlosen Gebilde, in welchen 
ihnen die feinen Parfüms und Öle des Orients geliefert wurden? Es war 
ihnen ebensowenig zu verdenken, daß sie die farbigen, undurchsichtigen 
Gläser mit Edelsteinen, wie die völlig farblosen, wasserhellen mit Kristall 
verwechselten. Die in dem verhältnismäßig so kurzen Zeitraum von etwa 
50 Jahren stetig folgenden Erfindungen, namentlich die des Blasens an der 
Pfeife, erregten die südländische Phantasie und schufen Legenden, in welchen 
die Eigenschaften des Glases ins Unermeßliche gesteigert wurden. Als von 
Sidon die ersten in Formen geblasenen Gläser nach Italien kamen, deren 
Wandungen sich zu Reliefs bogen, wie dünnes Metall am Amboß des 
Toreuten, entstand das Märchen vom hämmerbaren Glase des Tiberius. 
Die unerklärliche Erscheinung der durchsichtigen Reliefgläser war schwer 
mit den massiven, farbenprächtigen Milleiiori zusarnmenzureimen, die einige 
Jahrzehnte vorher in Rom aufgetaucht waren. Die Glaskünstler des Orients 
hüteten ihre Geheimnisse und beförderten vielleicht durch Renommistereien 
die Legendenbildung nur noch mehr. Die Murrinen mögen sie selbst als 
Arbeiten aus kostbaren Steinsorten ausgegeben haben, um die Preise zu 
erhöhen, und die Täuschung wurde ihnen durch die Technik sehr erleichtert. 
Es gibt nämlich tatsächlich mehrere Sorten von Murrinen oder, wenn 
man will, von Millefiori-Gläsern. Die eine besteht darin, daß die Gefäße 
aus dem Vollen, aus einer kompakten, in der Masse gemusterten Glaskugel 
herausgeschnitten und wie edle Steinsorten mit dem Schleifrad bearbeitet und 
ziseliert werden oder aus einer laminieiten Glasmasse, der man schon vor- 
her ungefähr die Form des Gegenstandes gegeben hatte. In dieser Art waren 
namentlich die älteren Stücke behandelt, die Pompejus und Augustus nach Rom 
brachten und die nach dem Zeugnis des Arrian wenigstens teilweise in Theben 
  

	        
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