Terracottakästen der erwähnten Form würde uns aber außerdem als
ein sehr schlechtes Mittel erscheinen, die Sparrenköpfe vor der Zerstörung
durch den Schlagregen zu schützen. Man denke sich die Thonkasten durch
Nägel befestigt, und halte sich vor Augen, dass hier zwei den EinHlissen
der Witterung gegenüber sich ganz verschieden verhaltende Materialien
zusammen kommen: das Holz, das fortwährendem Ausdehnen, Zusammen-
ziehen ja Verdrehen ausgesetzt ist und der gebrannte Thon, der diese
Veränderungen nicht mitmacht; man stelle sich nun das Geison einer
Tempelfronte aus vielen unmöglich genau aneinander passenden Thon-
stllcken auf diesen unsoliden Grund aufgesetzt, respective vor die Balken-
köpfe genagelt vor; die Folge dieser Anordnung wäre, dass das vom
Anfange an schon krumme Gesims in kürzester Zeit größere Krümmungen,
Brüche der Thonplatten, damit Zerstörung des Holzwerkes durch den
eindringenden Regen erleiden müsste. Befestigte man ja doch die Dach-
ziegel selbst nicht durch Nägel an das Holzwerk, um sie nicht der unver-
meidlichen Zerstörung Preis zu geben, um wie viel weniger hätte man
dies bei den Kasten gethan, da diese nicht mit einem, sondern mehreren
Nägeln hätten festgehalten werden müssen und damit der Bewegung des
Holzes sicherlich zum Opfer gefallen wären. Also krumme Gesimse,
klaffende Fugen, geborstene Kasten wären die Merkmale dieser sehr unwahr-
scheinlichen und unconstructiven Anordnung. Es scheint hier mit der
historischen Erklärung recht leicht zu gehen, sobald man die Technik aus
dem Spiele lässt, da das Letztere aber doch der historischen Erklärung
zu Liebe nicht geschehen kann, so wird man vielleicht zu dem entgegen-
gesetzten Resultate als die vorliegende Abhandlung gelangen, dass nämlich
die Bekleidung des Geisons oder sagen wir besser des in seiner gegen-
wärtigen Form bekannten, nur aus der Steinconstruction allein hervor-
gegangenen, Geisons neuerdings ein Beweis für das hohe Alter des Stein-
geisons ist und jeden Gedanken an Holzconstruction ausschließt. Will
man eine Holzconstruction für das Geison a priori annehmen, dann muss
man auch von vorne herein der Technik Rechnung tragen und nicht ein
Schema reconstruiren, in dem der große Widerspruch liegt, dass eine
frühere Form von einer späteren beeinHusst werden soll. Das Geison aus
Stein, dessen Hauptcharakteristikon die Platte ist, ist in der Holzcon-
struction ein Unding, in der Form wie es sich die Verfasser denken,
wäre das Geison eine Nachbildung des Steingeisons aus Holz und Thon, ein
Surrogat, das auf kein hohes Alter Anspruch machen könnte.
Ich glaube demnach, dass die Folgerungen in der vorliegenden
Abhandlung unrichtig sind und es will mir scheinen, dass die Gesammt-
form der in Rede stehenden Reste eine viel näherliegende Erklärung darin
finden könnte, wenn man in dem mit dem Flechtbande oder Wellen-
ornamente bedeckten Theile die kastenförmige Rinne in dem darüber-
liegenden die davon formal und größtentheils auch constructiv getrennte