XVIII Die gegenwärtigen Aufgaben der Verwaltung des artistischen Bildungswesens.
wol darin gesucht werden , dass zu wenig Gelegenheit zu monumentalen
Schöpfungen geboten ist. _
Hatten die Traditionen des dritten und vierten Decenniums unseres Jahr-
hunderts dort ihre Fortsetzung bis zur Gegenwart gefunden, so würde zweifelsohne
die heutige Bewegung in der bairiscben Kuustindustrie im Zusammenhangs mit
dem grossen Kimstleben außerordentliche Kraft gewonnen und bereits grossartige
Erfolge erzielt haben. Aber wiewnl solche günstigste Entwiclrlungsumstände fehlen,
wiewol auch die mit riesigem Aufwands angelegten Museen ursprünglich ohne alle
gewerbliche Tendenzen , ohne jede Rücksicht auf die Verwerthung ihrer Schätze
für Kunst und Industrie der Gegenwart geschaffen wurden, sind die Fortschritte
der Kunst im Gewerbe in Baiern noch bedeutende und zeigt sich doch vielfach
der mittelbare Einiluss solcher Sammlungen und der Segen einer liebevollen
Pflege des gewerblichen Schulwesens. .
In der Ausstellung traten ausser mehreren zur Förderung einzelner localer
Kunst- und Hausindustrien bestimmten Schulen namentlich einige nach igrossem
Masstabe organisirte Frauenschulen mit sehr beachtensweithen Leistungen auf.
S0 die Schule des Cisterzienser Franenlrlosters Seligenthal bei Landshut, an
welcher durch zehn Industriallehrerinnen ein durchaus gediegener Unterricht in
weiblichen Arbeiten ertheilt wird; dann die Frauenarbeitsschule in München,
eine geradezu musterhafte. über vierzehn Lehrkräfte verfiigende Anstalt, mit welcher
ein Seminar zur methodischen Ausbildung von Arheitslehreriiinen. verbunden ist,
ferner die erst seit zwei Jahren bestehende, einzelne ausgezeichnete Leistungen
aufweisende Jürreiscbe Sticlrschule in München , die sich insbesondere zur
Aufgabe setzt, solche weibliche Arbeiten zu cnltiidren, die - wie Gardinen,
Spitzenfabrilrnte etc. - bis jetzt meist nach Bniern importirt wurden; endlich
die mit der Münchener königlichen Knnstgewerbeschule verbundene vortreffliche
Kunstschule für Mädchen.
Minder bedeutend sind die Unterricbtserfolge der jährlich vnn etwa 400
jungen Handwerkern besuchten Snnntag- und Abendschulen des Münchener
katholischen Gesellenvereines, wogegen die Kuustgewerbeschule in München "),
1857 vom Kunstgewerbevereine gegründet, und seit 1868 Staatsanstalt, solche
') Die königliche Kunstgewcrhcsehixle zu Münch
Zöglingen jenen Grad von künstlerischer Bildung und technischer F
nur Ausübung eines Knnsthundwcrks oder zum Lehrfsche im Kun
Unterricht in beiden Abtheilungen umfasst allgemeine Vorstudien durch Übungen und Vorträge,
sodann speciellc Fachstudien durch practische Thätigkcit in bestimmten Kunstgewerbeuweigen.
Der Unterrichtsgung richtet sich nach dem Grade dcr Vorbildung und dem zukünftigen Berufe
jedes Einzelnen, und wird hiebei nach Möglichkeit der Individualität und den besonderen
Verhältnissen des Schillers Rechnung getragen. An Stelle des allgemeinen Classenunterrichts und
gleichßrmigen in Jahrescursen gethcilten Lehrganges tritt der ihr jcdcn Zögling angemessene
besondere Unterrichtsgang, der unabhängig von Zeit und Dauer lediglich der Feststellung durch
den Lehrerrath unterliegt. Hiednrch wird angestrebt, Schüler von verschiedener Vorbildung,
Befähigung und Neigung zu einem bestimmten Kunsthandwerke sofort in die ihnen angemessene
Thätigkeit einüihren zu können, den vorgebildetcn und begabten Schüler im "scheren Unter-
richtsgnng nicht zu hemmen, den schwachen in seinen Studien nicht zu überstürzen. Der
Unterricht wurde mit Ausnahme einiger Nebenfächer bis jetzt "nur zur Tagegzeig eighgilg, wobei
en hat zur Aufgabe, ihrem
ertigkcit zu verleihen, welcher
stgewclbe erfordert wird. Der