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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 135)

L Entwicklung des gewerblichen mid mercantilen Unterrichts. 
ihnen solche erste Stelle anerkennt, muss nachdrücklich betont werden, nachdem 
von hochachtbarer Seite in dieser Hinsicht Zweifel geäussert worden sind, Zweifel, 
zwar nicht an der Wichtigkeit und Leistungsfähigkeit solcher Anstalten im 
Allgemeinen, wohl aber - wenn der Ausdruck erlaubt ist -- an derTragfnhig-lreit 
des österreichischen Bodens. 
Ein den akademischen Kreisen nngehörender und dem gewerblichen Schulwesen 
principiell freundlich gesinnter Redner hat nämlich solchen Zweifeln in der 
163. Sitzung der S. Session des hohen Abgeordnetenhauses Worte geliehen, indem 
er (Pag. 556i} des sten. Prot.) sagte: „Ich fürchte, dass die Projecte, welche von 
Seite der Unterrichtsverwaltung (hinsichtlich der Staatsgewerbeschnlen) geplant 
werden, viel zu weitgehend sind und dass man eine sehr grosse Anzahl von der- 
artigen höhern (iewerbeschulen, wie ich sie nennen will, bei uns ins Leben rufen 
will, ohne dass - das ist meine persönliche Überzeugung - hiefür ein Bedürfniss 
in den weitesten Schichten der Bevölkerung vorhanden ist". 
Dieser Satz enthält ein Missverständuiss in einem so wesentlichen Puncte, 
dass fernere in derselben Rede hervorgetretene lrrnngen hiedurch unvermeidlich 
geworden sind. 
Es beruhte nämlich auf einem Missverständnisse, wenn von jener Seite 
angenommen wurde, dass die derzeit in acht {österreichischen Städten bestehenden 
Stantsgewerbeschulen säinmtlich "höhere Gewerbeschulen" seien. Vielmehr bestehen 
in vier von den acht Städten (Wien, Salzburg, Graz. Bielitz) nicht „höhere 
Gewerheschulen" sondern ,.Werkmeisterschulen". _ 
Durch diese Aufklärung verliert wohl die Begründung an Kraft, welche für 
jene llleinung, dass die. Pläne der Unterrichtsverwaltnng zu weit g-iengen, angeführt 
wurden. Diese Begründung bestand in einem Hinweise „auf unsere Nachbarländer, 
Sachsen und Preussen". Doch wurde bezüglich dieser Länder nur gesagt: „In 
einem Lande von solch weitgehender wirthschaftlicher Bedeutung. wo die 
Industrie auf einer solchen Stufe der Entwicklung und Ausbildung steht, wie in 
Sachsen, bei einer Bevölkerung von 2']; Millionen Seelen, besteht eine einzige 
derartige höhere Gewerbesebnle in Chemnitz; dort werden Werkführer, Werk- 
meister für die verschiedenen Categorien des gewerblichen Lebens herangebildet 
und diese Anstalt genügt vollauf dem Bedürfnisse." 
Abgesehen davon, dass hier die königl. höhere Gewerbeschule zu 
Chemnitz mit der in derselben Stadt bestehenden künigl. Werkmeister- 
sch ule verwechselt wurde, konnte durch die zwischen Sachsen und Österreich 
gezogene Parallele obeifirte Anschauung einfach dessbalb nicht begründet werden, 
weil in Sachsen gegenwärtig und schon seitJahren anfTAMiIIiOneu 
Seelen acht auf der Stufe der Werlrmeisterschule stehende An- 
stalten und drei höhere Gewerbeschnlen kommen "). 
') Von den Werkmeintem-hulen sind Staatsunxtalleu: in Chemuitl zwei und in 
Dresden, Leipzig, Zittau und Planen je eine; ferner Privnlanntnlteu: lu Franken- 
berg nud Mitweida ja eine. An höheren Gewerheu-lmlen bestehen: eine Slaatsanxtalt zu 
Chemnitz uurl zwei Privatanstalten zu Frunkenbeyg und Mitweida. Die Vorstellung, (lau iu 
riarhsen eine einzige Gewerbesrhnle "dem Bedürfnisse vollauf genügt", ist somit eine irrige.
	        
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