LVI Entwicklung des gewerblichen und mercantilen Unterrichts.
Hieraus ergibt sich auch, dass in dem Voranschlage pro 1877 für die Organisirnng
dieser Gewerbeschule nur wie im Vorjahre ein Pauschalbetrag eingestellt werden
konnte.
Ein Gleiches ist bezüglich der Reichen berger Gewerbeschule der Fall. Dem
fur diese Anstalt erst im Laufe des Sommers 1876 gewonnenen llirector konnte
selbstverständlich nicht zugemnthet werden, sofort die Auslagen zitfermassig zu
detailliren, wie sie durch die organisatorischen Arbeiten während des ersten Schul-
jahres laedingt sein mögen.
Es musste sonach auch hier ein Pauschalbetrag praliminirt werden. Soweit
nach bisheriger Erfahrung eine Vnrausberechnung möglich schien, wurde in
Anbetracht dessen, dass die Reichenberger die vollstandigste der bisher in Österreich
existirendeu Gewerbeschulen sein wird, dieser Pauschalbetrag in der Höhe von
IÄUUO H. festgestellt.
Der finanziello Aufwand , welchen gegenwärtig die Staatsgewerbeschulen
fordern, mag bedeutend scheinen im Vergleiche mit den Auslagern, die noch vor
vrenigen Jahren für solche Zwecke gemacht wurden; er ist jedoch unbedeutend
im Vergleiche mit den analogen Leistungen anderer Länder, da manche west-
europäische Staaten zweiten Ranges schon seit Jahren für gewerbliches Schulwesen
gleiche und grüssere Summen verwenden, als die osterreichische Unterrichts-
verwaltnng henle in Anspruch nimmt. Übrigens gedenkt diese Untvrrichtsvcrwaltilng
in Berücksichtigung der Finanzlage mit der ferneren Errichtung von Stnatsgewerbe-
schulen nur schrittweise vorzugehen. Während des Jahres 1877, in welchem der
Aufwand durch die Activirilng der Gewerbe-schulen zu Pilsen, Reichenberg,
Salzburg. Graz und Krakau gegen die Vorjahre bedeutend gestiegen ist, sollen
die organisatorischen und finanziellen Kräfte der Ausgestaltung der bestehenden
Slaatsgewerbeschulen zugewendet bleiben. Im Jahre. 1878 wird sodann die unauf-
scbiebbare Nencrganisirung der Knnstgewerbeschulc und der Bau- und Maschinen-
gewerbeschule in Wien einen nicht geringen Mehraufwand erfordern, wesshalb für
dieses Jahr nur die Activirung Einer neuen Staatsgewerbeschule in der Provinz vorbe-
reitet werden kann. Wenn dann noch in jedem der vier folgenden Jahre Eine solche
Anstalt geschaffen wird, so werden bis zum Jahre 1882 an vierzehn Puncten
der Monarchie siebzehn grössere gewerbliche Bildungsstätten ihre
Wirksamkeit entfalten. Nach Erreichung dieses Standes des Organisationswerkes
wird es sich mehr um Concentration der finanziellen Mittel auf mnsterhafte
Einrichtung und möglichst vollständige Dotirung der bestehenden Anstalten als
um Errichtung neuer, die dann nur minder gut ausgestattet werden könnten,
handeln.
Indem die Unteirichtsverwaltung ihre Thstigkeit vorläufig der Ürganisirung
der Staatsgewerbeschulen in ausgedehnter-cm Masse zuwendet. als der Förderung
des sogenannten nied e ren gewerblichen Unterrichtes, beündet sie sich in bewusstem
Gegensatze zu der von mancher Seite - auch im hohen Abgeordnetenhause -
laut gewordenen Meinung, dass die verfügbaren Geldmittel mit mehr Vortheil
jenem „niederen" Unter-richte angewendet werden könnten. Hierüber sind an
späterer Stelle noch einige Worte zu sagen.